Opposition: »Solidarrente« bleibt Armutsrente
Linkenpolitiker Birkwald: Der Name ist ein Hohn / Kurth: Pensionären stehen »schwierige Zeiten« bevor - Rentenerhöhung wird Ausnahme bleiben
Berlin. Die Große Koalition plant eine Mindest- oder Lebensleistungsrente - doch die Opposition hält das Vorhaben mit dem wohlklingenden Namen »Solidarrente« für alles andere als ausreichend. Für eine bessere Absicherung der Rente forderten der Linkenpolitiker Matthias W. Birkwald und der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth einen deutlichen Kurswechsel in der Alterssicherung. Die geplante »Solidarrente« spreche ihrem Namen Hohn, so Birkwald.
»Sie wird kaum einem Rentner oder einer Rentnerin den Gang zum Sozialamt ersparen«, so Birkwald Auch Kurth kritisierte die Pläne als unzureichend. »Ohne Gegensteuern stehen den Rentnerinnen und Rentnern in Zukunft schwierige Zeiten bevor«, sagte er. Die Bundesregierung unternehme nichts, um das immer weiter absinkende Rentenniveau zu stabilisieren. »In einem der reichsten Länder der Welt dürfen Armutsrenten nicht zu einem Massenphänomen werden«, so Birkwald. Die Bundesregierung müsse die Notbremse ziehen und den Nachhaltigkeits- und den Riesterfaktor streichen, die die Rentenerhöhungen dämpfen.
Für die Mindestrente - die »Solidarrente« - will die Koalition ab 2017 rund 180 Millionen Euro bereitstellen, die jährlich steigen, um langjährig Beschäftigten eine Rente oberhalb der Sozialhilfe zu garantieren. Die im Koalitionsvertrag dafür genannten 40 Beitragsjahre seien als Zugangshürde aber »viel zu hoch«, sagte Birkwald. Und die dort anvisierte Schwelle von derzeit 782 Euro netto für eine Aufstockung der Rente sei viel zu niedrig. Kurth kritisierte zudem, dass Betroffene laut Koalitionsvertrag trotz ihrer Niedrigverdienste stets privat vorgesorgt haben sollen, um die Lebensleistungsrente zu bekommen.
Die für dieses Jahr erwartete Rentenerhöhung von mehr als vier Prozent werde eine Ausnahme bleiben, »und zwar auf lange Zeit«, sagte der Grünen-Experte Kurth der dpa. Birkwald sprach von eine »Ausreißer«. In der kommenden Woche dürfte bekanntgegeben werden, wie stark die Renten zum 1. Juli genau steigen. Grundlage der Anpassung ist vor allem die Entwicklung der Bruttolöhne in Deutschland. Im vergangenen Jahr war die Rentenanpassung niedriger ausgefallen, weil die Durchschnittslöhne statistisch niedriger ausgewiesen wurden. In einem einmaligen Effekt wird das in diesem Jahr mit einer größeren Erhöhung ausgeglichen.
Wegen der gesetzlichen Dämpfungsfaktoren werde der Anteil derjenigen, die in Altersarmut leben müssen, Jahr für Jahr steigen, warnte Birkwald. Laut aktuellem Rentenversicherungsbericht sinkt das Rentenniveau - das Verhältnis zwischen Arbeits- und Renteneinkommen - von 48,1 Prozent 2014 auf 44,6 Prozent 2029. Bereits der bisherige Verfall des Rentenniveaus durch die Reformen der vergangenen Jahre koste die Rentner viel Geld, so Birkwald. »Deshalb freuen wir uns über jeden Euro, den Rentnerinnen und Rentner wegen des statistischen Sondereffekts mehr bekommen werden.« dpa/nd
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