Die AfD demaskieren!

Zum Hintergrund des anhaltenden Erfolgs der Neuen Rechten und möglichen Gegenstrategien

  • Siempre*Antifa Frankfurt
  • Lesedauer: 6 Min.
Was tun gegen rechts?: Die AfD demaskieren!

Wir beschäftigen uns in diesem Text vor allem mit der Partei AfD, da sie das momentan erfolgreichste und auch am ehesten von den Eliten getragene Projekt der Rechten ist.

Thematik und Basis der AfD

Die AfD ist, das unterscheidet sie von der historischen Rechten, bislang keine Partei der sozialen Demagogie. Sie ist wirtschafts- bzw. nationalliberal und steht damit, nicht einmal rhetorisch, im Widerspruch zum Bestehenden, sondern proklamiert sich offen als dessen radikalisierte Variante. Die mobilisierenden Themen waren zu Anfang das Eurokrisenmanagement, nun die Hetze gegen den Islam und gegen Flüchtlinge. Dabei schlägt die AfD durchweg nationalistisch-kulturalistische bis biologistisch-rassistische Töne an.

Die Wählerschaft der AfD ist in weiten Teilen als bürgerlich-konservativ einzustufen; sie wird mehrheitlich in den Mittel- und Oberschichten gewählt und bindet hier enttäuschte FDP- und CDU-Anhänger an sich, denen die Regierung Merkel zu wenig konservativ bzw. zu wenig neoliberal agiert. Auf der anderen Seite genießt die Partei auch bei Menschen Unterstützung, deren soziales Interesse augenscheinlich von der AfD nicht vertreten wird. Bei ArbeiterInnen wird die Partei deshalb gewählt, weil sie polarisierende Antworten auf die Themen Zuwanderung und Islam in Deutschland gibt und damit die Abstiegsängste der prekarisierten Unterschicht bedient. Es gelingt ihr so, den Unmut, den die Politik der etablierten Parteien erzeugen, gegen Migranten/Flüchtlinge zu kanalisieren. Eben diese Funktion wie auch ihre Wählerbasis teilt sie mit faschistischen Parteien zu allen Zeiten.

Cui bono? Oder: Wen vertritt die rechte Agenda?

Die starken export- und transatlantisch orientierten Kapitalfraktionen können ihre Interessen mit der jetzigen Bundesregierung umsetzen. Sie brauchen den europäischen Binnenmarkt und offene Grenzen innerhalb Europas, damit der Warenverkehr ungehindert fließen kann, bei gleichzeitiger Abschottung an den Außengrenzen. Auch eine gesteuerte Zuwanderung liegt in ihrem Interesse, damit gut ausgebildete Fachkräfte einerseits, unqualifizierte Lohndrücker andererseits von einheimischen Unternehmen verwertet werden können. Die vollständige Verhinderung von Zuwanderung und geschlossene Grenzen sind folglich nicht in deren Sinn. Die AfD repräsentiert zur Zeit also nicht die mächtigsten Kapitalfraktionen.

Stattdessen vertritt sie zur Zeit das einheimische und mittelständische Kleinunternehmertum, welches sich vor internationaler Konkurrenz fürchtet. Genau hier liegt die objektive Klassenbasis der AfD. Da in weiten Teilen der AfD abseits von Lippenbekenntnisse keine Abgrenzung zu offen faschistischen Kräften besteht, ist mit dem Bündnis von AfD und Pegida der Anfang einer Massenbewegung, die aufgrund ihrer Anschlussfähigkeit zum Mainstream das Potenzial hat, in den bürgerlichen Staatsapparat einzusickern, gegeben. Die Folgen der seit 2008 schwelenden Weltwirtschaftskrise sind bislang nicht in der BRD angekommen. Sollte dies eintreten und das monopolistische Kapital um seine Profite fürchten, könnte es auf das Angebot der AfD eingehen, eine ultra-autoritäre Zuspitzung der kapitalistischen Verhältnisse umzusetzen. Dieses Szenario gilt es zu verhindern und für diese Eventualität gewappnet zu sein, daher muss festgehalten werden, dass die Linke, die viel zu lange ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat, medial nicht präsent ist, zudem zersplittert weder attraktive Organisierungsmöglichkeiten noch Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit anbietet. Was kann die Linke tun? Wir unterscheiden an dieser Stelle drei Bereiche, auf denen der antifaschistische Kampf geführt werden muss:

1. Handlungsfähigkeit auf der Straße herstellen

Es muss versucht werden, der AfD keinen Raum zu lassen. Sie muss bei jeder Gelegenheit demaskiert und vorgeführt werden. Klassische Antifakonzepte und neu zu konzipierende Aktivitäten aller Art sollten sich hierbei ergänzen. Es sollten einerseits Aktionsformen gewählt werden, die die AktivistInnen vor Ort tragen können und die den größten Erfolg versprechen, andererseits solche, die nicht oder gering politisierte Menschen einbinden lassen. Dabei sollte man die Anhänger der AfD vor Ort möglichst genau kennen, ihre Verbindungen insbesondere zu neofaschistischen Gruppen und ihr Mobilisierungspotenzial einschätzen können. Die Gegenbündnisse sollten genau so breit sein, dass sie ihre Grenze beim Klassengegner finden, also die Parteien, die für die »offizielle« staatliche Form von Ausgrenzung, Rassismus und Repression verantwortlich sind (also sämtliche Parteien der sog. »bürgerlichen Mitte«), ausschließen.

2. Den Diskurs um linke Klassenpositionen erweitern

Eines der größten Probleme ist zur Zeit, dass eine wahrnehmbare linke Position jenseits des pseudohumanistischen Lagers nicht präsent ist. Diese eigenständige Positionierung, die eine antikapitalistische Positionierung zur Fluchtfrage (Stichwort: Fluchtursachen) und zu den sozialen Verheerungen der Wirtschaftskrise umfassen müsste, gilt es zu finden und in die öffentliche Wahrnehmung zu bringen. Derjenige Teil der rechten Wählerschaft, der sich aus ArbeiterInnen und Arbeitslosen rekrutiert, ist zurückzugewinnen. Hier gilt es, bei jeder Gelegenheit entgegenzuhalten, welche Konsequenzen eine starke AfD für die Mehrheit der ArbeiterInnen hat: eine weitere Verschlechterung ihrer sozialen Situation. Sündenbocklogiken sind zu bekämpfen und die wahren Verantwortlichen zu benennen: das kapitalistische System und seine herrschende politische und ökonomische Klasse.

3. Die Organisierungsfrage lösen und Präsenz zeigen

Unsere Kräfte und Potenziale müssen gebündelt und stärker koordiniert und ideologische Detailfragen gegen rechts zurückgestellt werden. Zudem gibt es meist weder konkrete Organisierungsansätze zur Basisarbeit, noch nachhaltige effektive Arbeit zum Aufbau von sozialer Gegenmacht von unten. Insbesondere die Entwicklung von Konzepten, die die Notlagen der Bevölkerung aufgreifen und in sozialrevolutionäre Politik umwandeln, sind in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen. Die Linke hat sich zu oft in nicht nachhaltige Kampagnenarbeit und Großevents verrannt, statt vor Ort Strukturen und Netzwerke auf- und auszubauen, verbindliche Organisierungsprozesse und auch niedrigschwelligere Angebote zu schaffen. Eben genau solche organisierte Gegenmacht in den Stadtteilen, Betrieben und auf dem Land stellt aber die beste Immunität gegen eine rechte Schocktherapie dar. Letztlich ist der Kampf gegen rechts der Kampf gegen einen verschärften Klassengegner, der nur klassenkämpferisch zu gewinnen ist. Eine antikapitalistische Massenbewegung mit starker Verankerung in Gewerkschaften, im Viertel und auf der Straße ist der beste Garant dafür.

Fussnote: Auch wenn wir den parlamentarischen Weg ablehnen, weil dieser zur bürgerlichen Krisenverwaltung führt, trügerische Hoffnungen weckt und Protestpotenzial auf der Straße lähmt, so muss ergänzt werden, dass auch die parlamentarische Linke, sprich die Partei Die LINKE, eine Verantwortung im Kampf gegen rechts trägt. Momentan treibt die AfD das gesamte Parteienspektrum nach rechts und vor allem die konservativen Parteien vor sich her. Selbst in der LINKEN sind solche Tendenzen spürbar. Die soziale Frage und eine konsequente Position gegen imperialistischen Krieg sind der Prüfstein jeder linken Opposition. Anbiederung und Rechtsschwenks hingegen haben historisch noch nie Erfolge gezeitigt; die WählerInnen halten sich dann lieber an das Original.

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