Licht ins Dunkel der Schattenfinanzzentren

Britisches Parlament will Überseegebiete zu mehr Transparenz verpflichten - einige verweigern sich

  • Peter Stäuber, London
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor wenigen Wochen hatte es so ausgesehen, als sei die Kampagne gegen globale Steuerhinterziehung einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Das britische Parlament verabschiedete im Mai ein Gesetz, das die 14 britischen Überseegebiete zu größerer finanzieller Transparenz verpflichtet. Betroffen wären einige der wichtigsten Steueroasen der Welt wie die Cayman Islands, Bermuda und die British Virgin Islands. Aber jetzt regt sich Widerstand: Mindestens zwei Territorien planen, den Beschluss gerichtlich anzufechten.

Seit Jahren steht London unter Druck, die laxe Finanzregulierung dieser Gebietskörperschaften zu unterbinden. Vor allem die karibischen Inseln locken mit niedrigen Steuern und strenger Geheimhaltung riesige Finanzströme an - sie zählen zu den undurchsichtigsten Schattenfinanzzentren der Welt. Bereits 2013 mahnte der damalige britische Premierminister David Cameron die Gebiete, sich an internationale Steuerabkommen zu halten.

Die sogenannten Overseas Territories sind zwar formell unabhängig, unterliegen jedoch weitgehend der Kontrolle des britischen Außenministeriums. Die Gouverneure werden von London bestimmt, das britische Parlament hat unbeschränkte Befugnis, Gesetze vorzuschreiben. Entschlossene Versuche, Steuerhinterziehung zu erschweren, unterließ die Regierung jedoch - auch aus Eigeninteresse: Die City of London, wichtigstes globales Finanzzentrum und Kraftwerk der britischen Wirtschaft, profitiert seit Jahrzehnten von der engen Beziehung zu den Offshore-Gebieten. Laut dem Netzwerk Steuergerechtigkeit verfolgt Großbritannien eine bewusste Strategie, finanzielle Geheimhaltung an die Überseegebiete und die Kanalinseln auszulagern. 2017 konnte die britische Regierung zudem verhindern, dass die EU die Überseegebiete auf ihre schwarze Liste der Schattenfinanzzentren setzt; stattdessen sind sie in der grauen Liste der Finanzplätze aufgeführt, die lediglich unter Beobachtung stehen.

Wie wichtig die karibischen Inseln für das globale Offshore-System sind, zeigten die Panama-Papers, die im April 2016 an die Öffentlichkeit gelangten: Laut der Antikorruptionsorganisation Transparency International ist die Hälfte der in den Dokumenten erwähnten Firmen auf den British Virgin Islands registriert. Auch in den Paradise Papers, die im vergangenen November publik wurden, tauchen die karibischen Offshore-Zentren immer wieder auf. Das Herzogtum Lancaster beispielsweise, das zum Privatbesitz der Königin gehört, hat mehrere Millionen Pfund in einem Investmentfonds angelegt, der auf den Cayman Islands registriert ist. Im Schattenfinanzindex des Netzwerks Steuergerechtigkeit liegt die 264 Quadratkilometer kleine Inselgruppe, die als größter Hegdefonds-Standort weltweit gilt, auf Platz Drei - hinter der Schweiz und den USA.

Entsprechend bedeutsam war der Londoner Parlamentsentscheid vom Mai: Auf Druck der Opposition und dank der Unterstützung einiger konservativer Rebellen verabschiedete das Unterhaus ein Gesetz, das die Überseegebiete verpflichtet, bis Ende 2020 ein öffentliches Register anzulegen, in dem die wirtschaftlichen Eigentümer der gemeldeten Firmen namentlich aufgeführt werden. Für die Unterbindung von dubiosen und undurchsichtigen Finanztransaktionen wäre dies ein entscheidendes Mittel, denn viele Wohlhabende verstecken sich hinter Briefkastenfirmen.

In vielen Überseegebieten sorgte der Entscheid für Entsetzen. Dortige Politiker befürchten, dass ihre Finanzindustrie ohne Geheimhaltung nicht überleben könne. Vergangene Woche kündigte die Regierung der British Virgin Islands an, den Entscheid gerichtlich anzufechten - ein öffentliches Register stelle möglicherweise eine Menschenrechtsverletzung dar, sagte Premierminister Orlando Smith. Auch die Cayman Islands erwägen, gerichtlich gegen das Gesetz vorzugehen, und der Regierungschef von Bermuda meinte, er habe nicht vor, der Forderung des britischen Parlaments nachzukommen.

Die Frage der Transparenz könnte zu einer ernsthaften konstitutionellen Auseinandersetzung zwischen London und den Überseegebieten führen. Dass die Karibikstaaten die volle Unabhängigkeit fordern, ist jedoch wenig wahrscheinlich: Die enge rechtliche Beziehung zur ehemaligen Kolonialmacht ist für die dortige Finanzindustrie entscheidend.

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