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Kein Räume, keine Zusammenarbeit, keine Mitgliedschaft
ver.di beschließt Unvereinbarkeit mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien und Organisationen, aber entscheidet gegen einen konkreten Beschluss zur Unvereinbarkeit mit AfD, NPD und Co.
Es war schon da ein langer Tag. Die Debatte beim ver.di-Bundeskongress in Leipzig wurde am späten Freitagabend dennoch wieder lebhaft. Es ging um mehrere Anträge zur Unvereinbarkeit mit der AfD und anderen rechten und extrem rechten Organisationen. Den Leitantrag des Gewerkschaftsrats im Sachgebiet Gewerkschafts- und Gesellschaftspolitik verabschiedeten die Delegierten ohne lange Debatte. Er legt fest, dass ver.di die Zusammenarbeit mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien und Organisationen ausschließt.
Und klar ist auch: Personen, die sich rassistisch, menschenverachtend oder gewerkschaftsfeindlich äußern oder sich für genannte Organisationen und Parteien engagieren, will ver.di »im Rahmen der satzungsrechtlichen Möglichkeiten ausschließen«.
Auf Gewerkschaftsmitglieder, die sich in dem Sinne gegen das Leitbild von ver.di äußern, wollen die Gewerkschafter*innen zugehen und ihnen den »unauflösbaren Widerspruch zwischen gewerkschaftlicher Solidarität und rechtspopulistischem/rechtsextremistischem Weltbild« darlegen.
Die einhellige Meinung endete jedoch bei der Diskussion um die Unvereinbarkeit bei Mitgliedschaft in oder Werbung »für AfD, NPD, III. Weg, Identitäre Bewegung sowie allen Organisationen und Parteien, deren Inhalt und Weltbild diesen nahestehen«.
Stilwechsel
Der neue ver.di-Chef Frank Werneke kann die Menschen nicht so mitreißen wie sein Vorgänger, dafür aber mitnehmen.
Einer sprach sich klar für den Antrag aus. Er habe als VVN-Mitglied einen 104-Jährigen gekannt, der erzählt habe, Gewerkschaftsbeschlüsse gegen Nazis in den eigenen Reihen habe es auch 1932 schon gegeben. Der Fehler, der gemacht worden sei, war die Nazis nicht hochkant aus der Gewerkschaft rauszuschmeißen.
Eine andere sagte, sie sei verwundert, dass überhaupt darüber debattiert werde und forderte das Plenum ebenfalls auf, dem Antrag zu folgen.
Doch die Mehrheit der Redner*innen sprach sich gegen die Anträge aus. Ver.di-Chef Frank Werneke sagte, er unterstütze das Anliegen, müsse aber auch aufs Vereinsrecht schauen. Es sei klar: »AfD-Mitglieder sind in ver.di unerwünscht.« Doch sei die vereinsrechtliche Situation die, dass die alleinige Mitgliedschaft nicht ausreiche – solange sich die betreffenden Personen nicht dezidiert äußern. Vorstandsmitglied Karin Hesse erzählte von einem Verfahren, in dem ein verdi-Hauptamtlicher und AfD-Funktionär ausgeschlossen werden soll. Der habe die Auseinandersetzung vor Gericht in der ersten Instanz gewonnen. Es würde ihn sehr stärken, würde er die zweite Instanz auch gewinnen, sagte Hesse.
»Die AfD ist nicht unser Gegner, die AfD ist unser Feind. Die wollen uns zerschlagen«, sagte ein Delegierter unter dem Applaus des Plenums. Doch ver.di könne sich nicht juristisch angreifbar machen. Deshalb sei auch er gegen diesen Beschluss.
Schließlich überwog wieder die Einigkeit. Die Anträge mit konkreter Benennung wurden mit breiter Mehrheit abgelehnt. Der verabschiedete Leitantrag ist deutlich und sieht die Möglichkeit des Ausschlusses vor, aber eben, ohne namentlich die AfD zu nennen. Einer der letzten Redner fasste es so zusammen: Es brauche keine Beschlüsse. Der Kampf gegen Nazis würden die Gewerkschaften jeden Tag in den Betrieben geführt. Und eine Delegierte sagte gegen Ende der Debatte: »ich würde mir wünschen, dass wir den Menschen zeigen können, das die AfD nicht für Arbeitnehmerrechte eintritt. Da haben wir bisher noch nicht richtig geschafft.«
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