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Mitgliederboom bei Sozialisten in den USA

Besonders seit dem Niedergang der Kampagne von Bernie Sanders treten viele US-Amerikaner in die linke Aktivistenorganisation ein

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Immer wieder haben führende Aktivisten der Democratic Socialists of America (DSA) und US-Linke in den letzten Tagen und Wochen auf Twitter Einschätzungen und Kommentare zum politischen Geschehen mit dieser Aufforderung abgeschlossen: »Join DSA«. Der Appell hatte Folgen, zeigt sich nun. Seit Beginn des Jahres sind rund 5000 Menschen in den USA in die DSA eingetreten. Und: In den Tagen nach den Vorwahlen am Super Tuesday, Anfang März, hat sich die Anzahl der täglichen Neueintritte verfünffacht. Das erklärt ein DSA-Sprecher gegenüber »nd«.

Während der Vorwahlen habe das politische Establishment der US-Demokraten eine »Kampagne zur Erhaltung des Status Quo« gefahren und versucht den Wählern von Bernie Sanders ihre »Macht aus der Hand zu nehmen«, sagt Natala Midiri. »Vor allem für junge Menschen ist das ein unglaublich radikalisierendes Erlebnis«, so die Vorsitzende des Nationalen Komitees der DSA zur Eintrittswelle bei ihrer Organisation. Sie meint die Kampagne des Establishments gegen Sanders zeige »die wahren Werte der Demokratischen Partei« und deren Unzulänglichkeit bei der gesellschaftlichen »Transformation« der Vereinigten Staaten. »In diesem Moment treten die Leute DSA bei, weil wir Teil einer wachsenden Bewegung aus Arbeitern gegen die Macht der Milliardäre sind«, so Midiri weiter gegenüber »nd«. Aktuell hat die DSA laut Eigenangabe rund 60.000 Mitglieder. Die DSA veröffentlicht nicht regelmäßig genaue Mitgliederzahlen.

Schon zu Beginn der Sanders-Kampagne hatten die DSA-Aktivisten ihren Einsatz für den demokratischen Sozialisten aus Vermont explizit mit einer Strategie zur Vergrößerung der eigenen Organisation verbunden. Die Aktivisten warben im Haustürwahlkampf für Sanders und den Eintritt in die eigene Organisation. Das scheint erfolgreich gewesen zu sein. Der starke Anstieg der Neueintritte in den letzten zwei Wochen deutet zudem auf weiteres Wachstum in den nächsten Wochen hin, seit die Präsidentschaftskampagne von Bernie Sanders seit dem Super Tuesday immer mehr in einen Rückstand bei Delegierten- und Wählerstimmen geraten ist. Wie 2016 suchen durch die Sanders-Kampagne neu Politisierte oder von den Demokraten Enttäuschte einen Ort, um ihren Aktivismus dauerhaft in organisierter Form weiterzuführen.

Schon nach der ersten Präsidentschaftskampagne von Sanders gab es einen starken Zuwachs bei den Mitgliedszahlen der DSA. Nach der zunächst überraschend erfolgreichen, aber letztlich gescheiterten Kampagne des Senators aus Vermont, wurde die Organisation vor drei Jahren förmlich von jungen Aktivisten überrannt. Sie war vorher eher ein Debattierklub von linken Hochschulprofessoren und Altlinken gewesen, hatte vor 2016 nur rund 10.000 Mitglieder. Seit 2016 jedoch haben zahlreiche junge US-Amerikaner, ihren Einsatz für eine »politische Revolution« fortgesetzt und der Aktivistenorganisation einen steilen Mitgliederanstieg auf rund 56.000 im vergangenen Sommer beschert.

Die DSA verbindet Protestpolitik und gewerkschaftliches Organizing mit elektoraler Politik. Auf ihrer »Convention« in Atlanta, dem basisdemokratischen höchsten Beschlussorgan der DSA, hatte die Organisation im Sommer 2019 beschlossen, die Präsidentschaftskampagne von Bernie Sanders in eingeschränktem Maße neben anderen Politikprojekten zu unterstützen. In den letzten Monaten haben die DSA-Aktivisten Haustürwahlkampf für den demokratischen Sozialisten aus Vermont gemacht, die eigene »Bernie-Kampagne« aber auch dazu genutzt für die eigene Organisation zu werben. Offenbar erfolgreich, wie das weitere Mitgliederwachstum zeigt.

Die in über 200 US-Städten mit Ortsgruppen aktive DSA und auch an Universitäten mit einer Jugendorganisation vertretene Organisation erscheint offenbar vielen linken US-Amerikanern ein passender Ort dafür zu sein. Die DSA tritt dabei immer mehr wie eine Partei auf, verfügt mittlerweile landesweit über rund 100 gewählte Offizielle, etwa in Stadträten oder Staatsparlamenten.

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Die DSA hat dabei ein nüchternes taktisch-strategisches Verhältnis zu den US-Demokraten. Ihre Mitglieder treten auf den Wahllisten der Demokraten an, organisieren sich aber unabhängig. Laut Umfragen stufen sich landesweit rund 10 Prozent der US-Demokraten als »demokratische Sozialisten« ein. Das bedeutet ein Potenzial für die DSA oder linkes Organizing in Höhe von mehreren Millionen Menschen. Auf der »Atlanta-Convention« im August 2019 hat sich die DSA übrigens das Ziel gegeben bis Januar 2021 auf rund 100.000 Mitglieder zu wachsen. »Wir arbeiten weiter auf dieses Ziel hin«, so der DSA-Sprecher.

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