Der Patient Wald braucht Hilfe

Eine Klima-, Verkehrs- und Agrarwende ist dringend nötig, meint Olaf Bandt

  • Olaf Bandt
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Waldspaziergang an einem schönen Frühlingstag, zartes Grün, frische Waldluft, zwitschernde Vögel. Wer liebt es nicht? Aber wie lange können wir den Wald noch so genießen?

Den hiesigen Wäldern geht es leider so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht. Und die Probleme sind von Menschen gemacht: die Erderhitzung ebenso wie die daraus resultierenden langen Dürreperioden. Der Wald ist zudem durch intensive Forstwirtschaft und Stickstoffeinträge seit Jahren im Dauerstress.

Die Klimakrise setzt dem Patienten Wald weiter zu. Auch deshalb ist ambitionierter Klimaschutz so wichtig. Wir müssen alles tun, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Bereits in diesem Frühjahr zeichnet sich eine erneute Dürreperiode ab, mit weiter absterbenden Waldbeständen und drohenden Waldbränden. Die in Deutschland viel zu großflächig gepflanzten Fichten- und Kiefernforste leiden stark unter der Dürre, sind schädlingsanfällig und brandgefährdet. Deshalb: Wir brauchen effektiven Waldschutz durch effektiven Klimaschutz.

Wir sind aber nicht dazu verdammt, der Waldkrise ohnmächtig zuzusehen - wir können gegensteuern. Zur Rettung unseres Waldes braucht es einen Kanon verschiedener Maßnahmen aus den Bereichen Agrarpolitik, Waldwirtschaft, Jagdrecht, wie auch eine Änderung der Verkehrspolitik und der Energieversorgung. Deshalb müssen zum Beispiel fossile Feuerungen in Energiewirtschaft, Industrie und Haushalten dauerhaft reduziert werden, um den Eintrag von Stickstoff in die Waldböden zu senken und das Klima zu schützen. Maßnahmen zur absoluten Energieeinsparung, ein schneller Ausstieg aus fossilen Energien, allen voran der Kohleverstromung, sind hierzu ebenso notwendig und möglich.

Die jetzt diskutierten Konsumanreize für Benzin- und Diesel-Pkw sind hingegen auch für den Wald schlecht. Wir brauchen nicht mehr CO2-, NOx- und Feinstaubproduzenten auf unseren Straßen, sondern eine umweltfreundliche Verkehrspolitik, mit weniger und vor allem nachhaltigen Fahrzeugen, mehr Öffentlichen Personnennahverkehr und insgesamt weniger Verkehr. 67 Prozent der Stickstoffdioxid-Emissionen des Verkehrs werden von Diesel-Pkw emittiert und müssen sofort verringert werden. Auch die klimaschädlichen Subventionen für die Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff und die Energiesteuerbefreiung von Kerosin - mit zusammen jährlich über 14 Milliarden Euro - gehören abgeschafft.

Angesichts des schlechten Zustandes des Waldes ist auch eine Agrarwende unumgänglich. Dazu gehören der Umbau der Nutztierhaltung und eine Halbierung der Nutztierbestände bis 2050 - vor allem im Schweine- und Geflügelbereich. Es braucht Verabredungen, wie der Umbau zu einer tiergerechten, umwelt- und klimafreundlichen Tierhaltung gestaltet und finanziert werden kann.

Letztendlich ist eine ökologische Waldwende überfällig. Wälder müssen schonender und ökologisch verträglich bewirtschaftet werden. Konkret: mehr Laubmischwälder, weniger drastische Eingriffe bei der Holzernte und ein Stopp der Entwässerung von Wäldern. Es muss endlich wieder mehr Feuchtigkeit im Wald verbleiben, damit er Dürreperioden besser überstehen kann. Auch ist es erforderlich, den Anteil der Naturwälder ohne forstliche Eingriffe auf zehn Prozent der Waldfläche zu erhöhen. Für diese und weitere Punkte muss eine gute forstliche Praxis definiert und gesetzlich verankert werden.

Beim Wildtiermanagement braucht es ebenso einen Paradigmenwechsel, damit die vielen natürlich nachwachsenden und neu gepflanzten Laubbäumchen gedeihen können und nicht gleich von Rehen abgefressen werden. Die von Bundesagrarministerin Julia Klöckner in Aussicht gestellte Novelle des Bundesjagdgesetzes muss die Jäger*innen in die Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit der Wälder nehmen.

Unser Wald ist zu retten, davon bin ich überzeugt. Erforderlich ist eine echte Nothilfepolitik für den Wald. Dazu mutiges Handeln und enge Zusammenarbeit der verschiedenen Ministerien. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und auch Ministerin Klöckner sollten ihre bisherige Blockade gegen Klimaschutz aufgeben und zu Wald- und Klimarettern werden. Denn: Waldschutz ist Klimaschutz, Klimaschutz ist Waldschutz.

Die »BUND-Forderungen zu Deutschlands Wäldern in der Klimakrise« finden Sie unter: bund.net/waldkrise

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