Reförmchen in der Pflege

Auch künftig sollen Heimbewohner noch bis zu 700 Euro im Monat aus der eigenen Tasche zahlen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will seine geplante Pflegereform noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr realisieren. Er wolle in der Koalition nun Eckpunkte für das Vorhaben erarbeiten, und »idealerweise« komme es noch zur Gesetzgebung, sagte Spahn am Montag in Berlin.

Das Konzept sieht vor, dass Heimbewohner für die stationäre Pflege künftig für längstens 36 Monate maximal 700 Euro pro Monat zahlen. Zuletzt lag der Eigenanteil für die reine Pflege im Schnitt bei 786 Euro. Obendrauf kommen allerdings noch die Kosten für Unterkunft, Verpflegung sowie für Investitionen der Heime. Bundesweit liegt der Schnitt aktuell insgesamt bei einer Zuzahlung von 2015 Euro pro Monat.

Neben der Deckelung des eigenen Kostenanteils für Heimbewohner sieht Spahns Konzept auch Änderungen bei den Vertretungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige vor. Die Verhinderungs- und die Kurzzeitpflege sollen flexibilisiert und kombinierbar werden. Sowohl von Linken, Grünen und auch von Teilen der SPD wird das Konzept als unzureichend kritisiert.

Auch Verdi, Sozialverbände wie der Paritätische Gesamtverband und der Sozialverband VdK sowie die Verbraucherzentralen schließen sich der breiten Kritik an der Pflegereform an. »Auf private Vorsorge zu setzen, ist ein Irrweg«, kommentierte Sylvia Bühler, Mitglied im Verdi-Bundesvorstand Spahns Konzept am Montag. Stattdessen brauche es eine »solidarische Garantie«, die die Übernahme aller pflegebedingten Kosten durch die Pflegeversicherung sicherstellen solle. Durch die Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger würde sie dann auch auf eine solide und solidarische finanzielle Grundlage gestellt, so Bühler. Ähnliches fordert die VdK-Präsidentin Verena Bentele: »Die Pflegeversicherung muss endlich alle Pflegekosten übernehmen« und dürfe nicht nur einen Zuschuss geben. Die zu erwartenden Kosten für eine Pflegevollversicherung wären für die Versicherten und Arbeitgeber aber nur dann überschaubar, wenn die gesetzliche und die private Pflegeversicherung nicht mehr getrennt wären. Zudem machte Bentele darauf aufmerksam, dass ein Kostendeckel bei 700 Euro in den meisten Bundesländern weiterhin deutlich steigende Eigenanteile bedeuten würde, da diese Schwelle in Nord- und Ostdeutschland noch nicht erreicht sei.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, stellte fest, dass auf Grund der niedrigen Rentenansprüche ein Drittel der Bewohner in Pflegeheimen bereits heute auf Sozialhilfe angewiesen sei. »Es ist offensichtlich, dass die Pflegeversicherung bei der Absicherung der Pflege bisher kläglich versagt.« Es brauche eine grundlegende Reform, um die Betroffenen zu entlasten und die Pflegefinanzierung vom Kopf auf die Füße zu stellen, so Schneider.

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