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Energiesektor des Grauens
Die absehbar hohen Heizrechnungen haben auch strukturelle Gründe
Vor »Energiepreisen des Grauens« warnt Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller. Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands verlangt, dass die künftige Regierung eingreift. Es sei mit »deutlich höheren« Heizrechnungen als im vergangenen Jahr zu rechnen, falls der Winter nicht sehr milde wird.
In Deutschland ist der Druck zwar weniger groß als in manchen anderen EU-Ländern, da wegen Langfristigverträgen im Großhandel der rasante Preisanstieg an den Rohstoffbörsen gedämpft zu spüren ist. Für viele Mieter dürfte sich unmittelbar wenig ändern, aber das wird eben nur aufgeschoben sein. Die künftigen Koalitionäre werden sich mit dem Thema Energiearmut auseinandersetzen müssen, denn für Bezieher ganz niedriger Einkommen bahnt sich ein großes Problem an.
Doch die aktuelle Preisentwicklung macht nicht nur Kompensationen oder angebotsseitige Kurzfristmaßnahmen wie die Auffüllung der Gasspeicher notwendig, sondern es geht auch um strukturelle Fragen. Es rächt sich schwer, dass die vergangenen Bundesregierungen in Sachen Energiewende zwar einiges im Strombereich verändert haben, nicht aber beim Heizen, das für Privathaushalte ein weit größerer Posten ist. Die Hälfte der Deutschen wird per Gasheizung versorgt, ein Viertel per Ölheizung, weitere 15 Prozent per Fernwärme, wo ebenfalls Gas die Hauptrolle spielt. Heimische erneuerbare Energien werden bisher kaum genutzt. Verschärfend kommt hinzu, dass die Anlagen oft veraltet und daher ineffizient sind sowie die Wärmedämmung im Gebäudebestand eher langsam vorankommt.
Dies alles ist nicht nur aus Klimaschutzgründen miserabel, auch birgt die Abhängigkeit von Importen mit ihren stark schwankenden Weltmarktpreisen und bei Gas sogar von einem Großlieferanten ein gewaltiges finanzielles Risiko. Energiepreise können je nach Marktlage auch schnell wieder sinken. Bei der ebenfalls grauenhaften Energiestruktur wird eine Verbesserung lange brauchen.
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