Neutral gegen Wölfe

In Niedersachsen wirbt der Chef der Landesjägerschaft für mehr Abschussgenehmigungen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es ist nicht so wie in den Grimm’schen Märchen, dass Wölfe nur durch finstere Wälder streifen«, weiß Helmut Dammann-Tamke, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Vizepräsident des Deutschen Jagdverbandes und Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen. Angesichts des »exponentiellen Wachstums« der Wolfspopulation hierzulande werde es entsprechende Begegnungen auch in urbanen Zentren geben, verbreitete er kürzlich in der »Neuen Osnabrücker Zeitung« Angst und Schrecken.

Anlass für die Äußerungen waren Berichte über eine Wolfssichtung in einem Stadtpark von Hannover, die mittlerweile aber als äußerst unwahrscheinlich angesehen wird. Die Landesjägerschaft Niedersachsen, der Dammann-Tamke vorsteht, ist in dem Bundesland mit dem Wolfsmonitoring beauftragt, also dem Beobachten, Zählen und statistischen Erfassen freilebender Wölfe. Sie soll diese Tätigkeit gemeinsam mit den rund 100 Wolfsberater*innen in den Landkreisen ausüben.

Von den Wolfsberatern erwartet die Landesregierung in Hannover strikte Neutralität. Insbesondere eine neutrale Positionierung zum Thema Wolf gegenüber Nutztierhaltern und in der Presse sei Bestandteil dieser Grundsätze und Grundlage einer konfliktfreien Tätigkeit, erklärte die Regierung im Februar. Vorausgegangen war die Entlassung von zwei Wolfsberatern, die sich im Freundeskreis freilebender Wölfe engagieren und kritisch zur Wolfspolitik des Landes geäußert hatten. In der Logik des Landes müsste sich also auch die Landesjägerschaft neutral verhalten. Eine Anfrage, ob die Vorgabe auch für diesen Verband gelte, ließ das Umweltministerium jedoch unbeantwortet.

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Er könne niemandem garantieren, dass Begegnungen mit Wölfen immer friedlich verliefen, wenn etwa der Gassi gehende Hund als Konkurrent erkannt und angegriffen werde, hatte Dammann-Tamke der »Neuen Osnabrücker Zeitung« weiter gesagt. »Wir kommen in Bundesländern mit großen Wolfsbeständen nicht um eine gezielte Bestandsregulierung herum.« Für eine »Obergrenze« für Wölfe macht er sich nicht erst seit diesem Interview stark. Als CDU-Abgeordneter war er im Landtag Mitinitiator eines Antrags, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen.

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Laut NDR bezweifelte Dammann-Tamke auch das vom Umweltministerium festgestellte brutale Quälen und Töten eines Wolfs im Landkreis Gifhorn im Juli 2019. Der oder die unbekannten Täter hatten dem Tier ein Drahtseil durch die Pfote gezogen und mit einem schweren Gegenstand im Wasser versenkt. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) erklärte damals, es sei »unglaublich, so wie es die Bilder zeigen, wie dieser Wolf auch noch gequält wurde und gelitten hat«. Hingegen soll Dammann-Tamke dem NDR zufolge gesagt haben, er habe sich die entsprechenden Fotos genau angeschaut und keinerlei Hinweise darauf entdeckt, dass das Tier gequält worden sei.

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