Die Zinssätze steigen wieder

Was zukünftig bei Geldanlagen zu beachten ist

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 6 Min.

Seit dem März 2016 war der Leitzins kein Zins, sondern betrug 0,0 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde folgt mit diesem ersten Zinsschritt anderen großen Notenbanken, die in den vergangenen Monaten ihre Zinssätze angehoben hatten. Sie reagierte damit auf die rasant steigenden Preise und will die galoppierende Inflation zügeln. Die jährliche Inflation im Euroraum war im Juni auf 8,6 Prozent gestiegen, meldet Eurostat. Weitere Zinsschritte hat Lagarde für die kommenden Monate bereits angekündigt.

Sparer stellt die Zinswende vor neue Herausforderungen. Lange mussten sie auf nennenswerte Zinsen für ihr Erspartes verzichten. So macht sich bei Tages- und Festgeld die Wende als erstes bemerkbar: Die Zinsen steigen bei den Banken, wenn auch von extrem niedrigem Niveau aus. Das Verbraucherportal Biallo meldet, der »Biallo-Index für Tagesgeld« – ein Mittelwert von an das Portal gemeldeten Tagesgeldkonten – habe sich nahezu verdoppelt. Die höchsten Zinssätze in der Tabelle liegen jetzt bei gut 0,4 Prozent. Für Festgeld (mit 18 monatiger Laufzeit) zahlen einige Banken schon über 1 Prozent. Das ist im historischen Rückblick allerdings immer noch sehr wenig, und die Sparer verlieren nach Abzug der Inflation weiterhin rasant an Kaufkraft.

Der Inflationsfalle entkommen

Zwar dürften die Zinssätze für Tagesgeld, Festgeld, Sparbriefe und ähnliche Produkte in der kommenden Zeit weiter zulegen. Und auch Negativzinsen für (höhere) Beträge auf dem Girokonto dürften bald der Vergangenheit angehören. Doch die grundsätzliche Abwehrhaltung der Banken gegenüber Einlagen von Kleinsparern dürfte anhalten. Kundeneinlagen sind für Banken teuer – gemessen an dem vergleichsweise billigen Geld, welches die EZB auch zukünftig bereitstellen wird. Ohnehin sitzen viele Kreditinstitute auf »zu viel Geld«, dass sie nicht lukrativ verleihen können.

Unser Tipp: Der Inflationsfalle entkommen Sparer am ehesten mittels öffentlich geförderter Sparformen.

Da ist zunächst die Altersvorsorge. Zahlen Sie nur geringe Steuern, lohnt sich unter anderem eine Betriebsrente oder ein Riester-Fondssparplan. Ein Teil der Beiträge wird in Aktien angelegt, das gesamte eingezahlte Geld ist garantiert. Wer ein hohes Einkommen hat und entsprechend Steuern zahlt, für den kann sich ein Rürup-Vertrag rechnen.Weiterhin lohnt sich der Neuabschluss eines Riester-/Rürup-Vertrages besonders dann, wenn der Staat den Großteil zur Altersvorsorge dazugibt. Das Geld vom Staat ist quasi geschenkt. Und es reicht schon, den Mindestbeitrag von 60 Euro im Jahr selbst zu zahlen, um die Zulagen in voller Höhe zu kassieren. Die staatliche Förderung prämiert vor allem Familien mit Kindern.

Viele verzichten auf Arbeitgebergeld

Eigentlich lohnt es sich, die Chancen des mittlerweile Fünften Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (5. VermBG) zu nutzen. Dennoch zeigen Studien immer wieder, dass Millionen Menschen ihre Chance verstreichen lassen. Vermögenswirksame Leistungen (VWL) werden von vielen Arbeitgebern zusätzlich zum Lohn oder zur Ausbildungsvergütung gezahlt – mal freiwillig, mal aufgrund von betrieblichen Vereinbarungen und meistens aufgrund eines Tarifvertrages, der mit einer DGB-Gewerkschaft geschlossen worden war.

Doch nicht alle sogenannten Arbeitgeber zahlen Vermögenswirksame Leistungen oder sie zahlen nur einen Teilbetrag. Laut Gesetz haben Beschäftigte in diesem Fall einen Anspruch auf Gehaltsumwandlung. Der Betrag wird dann vom Bruttogehalt entnommen, und monatlich auf einen VWL-Sparplan überwiesen. Der maximale Betrag, den Sie als VWL-Sparer vom Arbeitgeber erhalten, beträgt 40 Euro im Monat, also immerhin 480 Euro im Jahr. Dazu kommt die staatliche Förderung. Sie beträgt je nach gewähltem Finanzprodukt zwischen 9 und 20 Prozent der förderfähigen Summe.

Zusätzlich können Sie eine Wohnungsbauprämie vom Staat erhalten, wenn Sie für Bau- und Sanierungsvorhaben sparen. In der Praxis sind dies meist Bausparverträge. Rechtlich gesehen fällt diese Förderung unter das Wohnungsbau-Prämiengesetz.

Unser Tipp: Staatliche Förderung ist an bestimmte Einkommensgrenzen gebunden. Fragen Sie in der Personalabteilung oder beim Betriebsrat, bei ihrer Gewerkschaft oder in einer Verbraucherzentrale nach, welche Möglichkeiten Sie haben.

In dieser Zeit doch etwas riskieren?

Ein Vermögen zu machen, ist mit der staatlichen Förderung selbstverständlich unmöglich. Also doch was riskieren? Banken stufen ihre Kunden in bis zu sechs verschiedene Kategorien ein, von »sehr sicher« bis »spekulativ«. Welcher Typ Sie sind, sollte über die Strategie entscheiden. Wenn Sie sich irgendwo zwischen »ausgewogen« und »offensiv« einordnen, kommen auch Wertpapiere, Aktien und davon abgeleitete »Derivate« wie ETF (englisch: Exchange Traded Funds) in Frage. Aber selbst für Zocker gilt die Regel: Nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Eine Grundlage, wie Sie Zinsanlagen und Aktien mixen sollten, bietet das »Pantoffel-Portfolio« der Zeitschrift »Finanztest«. Die Idee: Mehr Rendite – aber einigermaßen sicher! Das Konzept kann für 3,50 Euro im Internet freigeschaltet werden.

Ein wichtiger Baustein sind »Börsengehandelte Indexfonds« (ETF). Sie bilden Aktienlisten nach, wie den »Deutschen Aktienindex«, den Dax. Über einen Index lassen sich Länder, Branchen oder sogar die ganze (Börsen-)Welt abbilden. Wer nicht auf Kurse spekulieren will, kann auf einen Dividenden-ETF setzen. Darin werden Aktiengesellschaften gebündelt, die wie Allianz, Bayer oder Lufthansa traditionell eine hohe Dividende an ihre Aktionäre ausschütten. Spitzenrenditen bietet diese Strategie eher selten, sie zahlt sich aber in Krisenzeiten häufig aus.

ETF sind letztlich genauso (un-)sicher wie von Experten in Banken und Investmentgesellschaften aktiv verwaltete Fonds. Der Preis, den Verbraucher für einen ETF zahlen, ist jedoch vergleichsweise niedrig. Aktiv gemanagte Aktienfonds sind dagegen meist teuer. Deren Kosten liegen durchschnittlich bei 1,5 Prozent bis teilweise über 2,5 Prozent. ETF und kostengünstige Indexfonds, die auf aktives Management verzichten, berechnen 0 bis 1 Prozent pro Jahr. Hinzu kommt bei den meisten Fonds zumindest ein einmaliger Ausgabeaufschlag und laufend Depotgebühren.

»Mit einem ETF erzielst Du genauso viel Rendite wie die breite Masse der Aktieninvestoren«, lobt die verbraucherfreundliche Internetseite »Finanztip«. Gleiches gilt für Investmentfonds, die einen Index wie den Dax nachbilden. Steigt der Dax-Kurs, legt der ETF entsprechend zu. Fällt der Dax, verliert auch der ETF. Eine Melkkuh, die immer Milch gibt, sind solche Sparprodukte daher nicht. So hat der DAX von Anfang dieses Jahres bis zum Redaktionsschluss rund 3000 Punkte verloren und liegt aktuell bei 13 000 Punkten.

Wer sein Geld in Wertpapiere investieren will, hat viele Fragen. Die Bundesfinanzaufsicht gibt Antworten! Auf der Seite bafin.de finden Sie Broschüren unter anderem über Wertpapiergeschäfte oder wie Sie Geld im Ruhestand anlegen.

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