Inflation in Frankreich: Preisblockaden und Lohnerhöhungen

Das Pressefest der »L‘Humanité« stand im Zeichen steigender Lebenshaltungskosten

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Das diesjährige Pressefest der kommunistischen Zeitung L‘Humanité fand wieder auf einem ehemaligen Flugfeld der Luftstreitkräfte im 30 km südlich von Paris gelegenen Brétigny-sur-Orges statt, weil die Umbauarbeiten am traditionellen Austragungsort, dem Park der Pariser Arbeitervorstadt La Courneuve, noch nicht abgeschlossen sind. Dadurch war die Beteiligung etwas geringer als früher, aber der festlichen und kämpferischen Stimmung tat das keinen Abbruch. Die Debatten an den Ständen der regionalen FKP-Föderationen und der Gewerkschaften sowie die Podiumsdiskussionen waren weitgehend bestimmt von der schwieriger gewordenen Lebenslage vieler Franzosen durch Inflation, steigende Lebensmittelpreise und Energiekrise sowie durch die Niederlage im monatelangen Kampf gegen die Rentenreform. Trotzdem war auch wieder viel Kampfbereitschaft zu verspüren, vor allem in Vorbereitung auf den nächsten Nationalen Aktionstag zur Erhaltung der Kaufkraft, zu dem die Gewerkschaften für den 13. Oktober aufgerufen haben.

Zum Auftakt des Pressefestes hat der FKP-Nationalsekretär Fabien Roussel von der Regierung entschlossene Maßnahmen gegen die Inflation gefordert. »Die Franzosen werden gerupft wie die Hühner. Die Lebensmittelpreise sind um 20 Prozent gestiegen. Die Stromtarife haben sich innerhalb von zwei Jahren um ein Drittel erhöht«, erklärte er. »Wie lange soll das so weitergehen? Wollen wir uns weiter rupfen lassen, ohne uns zu wehren?« Roussel fordert einerseits Preisblockaden und andererseits Lohnerhöhungen und die Anhebung der Renten, um die Kaufkraft zu wahren. »Sollte sich da in den nächsten Wochen nichts tun, mobilisieren wir die Menschen.« Als denkbare Aktionen nannte er die Besetzung von Tankstellen und Einkaufszentren, aber auch von Präfekturen, denn die seien die örtlichen Vertretungen des Staates, und der sei schließlich für die Lage verantwortlich.

Der Gründer der linken Bewegung La France insoumise, Jean-Luc Mélenchon, der sich seit Monaten zunehmend verärgert darüber zeigt, dass die KP ihren eigenen politischen Kurs verfolgt, nutzte die Gelegenheit, um Roussel »Verantwortungslosigkeit« vorzuwerfen. Mélenchon nahm an einer Podiumsdiskussion über die Zukunft des Linksbündnisses Nupes teil. Dabei kritisierte er scharf die Partnerparteien und vor allem die Kommunisten, weil sie zur Wahl des Europaparlaments im Juni 2024 nicht auf einer gemeinsamen Nupes-Liste antreten werden. Der Grund ist, dass in der Nupes die Verärgerung über das selbstherrliche Auftreten Mélenchons immer größer wird und dadurch eine Einheitsliste mit ihm als Spitzenkandidaten inakzeptabel ist. Auch mit der Überlegung, für den Spitzenplatz auf einer gemeinsamen Liste die ehemalige PS-Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal zu »reaktivieren«, kommt er nicht an. Dabei spielen sicher auch persönliche Animositäten eine Rolle, zumal kürzlich bei der Umfrage eines Nachrichtenmagazins Fabien Roussel als der bei den links eingestellten Franzosen beliebteste Politiker auf den ersten Platz kam, weit vor Jean-Luc Mélenchon. Im Gegensatz zu diesem genießt Roussel selbst bei politischen Gegnern Respekt. So ist der ehemalige Premier und mögliche Kandidat der Rechten für die Präsidentschaftswahl 2027 Edouard Philippe zum Pressefest der L‘Humanité gekommen, um in aller Öffentlichkeit mit dem Nationalsekretär der KP zu diskutieren.

Das Linksbündnis Nupes, das vor reichlich einem Jahr in Vorbereitung auf die Parlamentswahl gebildet worden war, hat zu einem Bruch in der französischen Linken geführt, die durch die enttäuschende Amtszeit des sozialistischen Präsidenten François Hollande sowieso schon extrem geschwächt war. Inzwischen erweist sich die Nupes, wie KP-Chef Roussel einschätzt, immer mehr als »Korsett« und als »Klotz am Bein« beim Versuch, wieder einen breiteren Zusammenschluss aller linken Kräfte zustande zu bringen. Der sei aber nötig, um wieder mehr politischen Einfluss zu gewinnen und so nicht zuletzt zu verhindern, dass bei der Präsidentschaftswahl 2027 Marine Le Pen an die Hebel der Macht gelangt.

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