»Challengers – Rivalen«: Sex mit Tennistrotteln

Der Film »Challengers – Rivalen« hat außer sparsamer Erotik wenig zu bieten

  • Maximilian Schäffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Ménage-à-trois im Hotelzimmer: Art Donaldson (Mike Faist, links), Tashi Duncan (Zendaya, Mitte) und Patrick Zweig (Josh O’Connor)
Ménage-à-trois im Hotelzimmer: Art Donaldson (Mike Faist, links), Tashi Duncan (Zendaya, Mitte) und Patrick Zweig (Josh O’Connor)

Luca Guadagnino ist als Regisseur vor allem für den wichtigsten schwulen Schmachtfetzen der vergangenen Dekade bekannt. Zu »Call Me By Your Name« verzehrten sich 2017 alle handwarmen Knaben, Knabenliebhaber und deren beste Freund*innen. Die Rolle des 17jährigen Elio verhalf Timothée Chalamet, der mittlerweile Hauptrollen in Hollywood-Blockbustern bekleidet (etwa in »Dune« oder »Wonka«), zum großen Durchbruch. Für Guadagnino hingegen ging es in den vergangenen Jahren auf der Erfolgsleiter, zumindest wirtschaftlich, eher nach unten. Zwei Ausflüge ins Horrorfach – eine Neuverfilmung von Dario Argentos psychedelischer Orgie »Suspiria« sowie ein romantischer Kanibalenhorror namens »Bones and All«, wieder mit Chalamet in einer Hauptrolle – floppten beide grandios an den Kinokassen.

»Challengers – Rivalen« heißt das neue Werk des Italieners. Der Film soll endlich wieder richtig »sexy« sein, verspricht der Spielleiter. Zum Behufe allgemeiner erotischer Erregung spielt also Zendaya Maree Stoermer Coleman – kurz Zendaya – die Hauptrolle und die der ausführenden Produzentin. Berühmt wurde die 27-Jährige wiederum an der Seite von Chalamet in »Dune«. Um Zendaya dreht sich in »Challengers – Rivalen« alles. Und nicht unbedingt um Tennis, wie die Reklame vorgibt.

Zunächst aber fängt es so an: Patrick Zweig (Josh O’Connor) und Art Donaldson (Mike Faist) sind im Sportinternat schon beste Freunde. Die beiden ergänzen sich gut, nicht nur auf dem Tennisplatz, wo sie ein erfolgreiches Doppel stellen. Patrick ist der extrovertierte Draufgänger, scheinbar völlig selbstbewusst und im Reinen mit sich. Art hingegen ist geplagt von einer zarten Schüchternheit, die von Selbstzweifeln gefüttert wird. Auch optisch passt es gut: Patrick ist braunhaarig, von südländischem Typ. Art eher rotblond, hellhäutig mit Sommersprossen. Bei einem Turnier verlieben sich beide synchron in den Jugendstar des Damentennis. Tashi Duncan (Zendaya) ist nicht nur eine Granate beim Aufschlag. Nach einer Party landen sie zu dritt auf dem Hotelzimmer, wo sich das kommende Dreiecksgeflecht zum ersten Mal andeutet. Sogar die Jungs küssen sich mit Zunge – sicher funktioniert so eine Atlethenbeziehung nicht ohne Homoerotik.

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Ungefähr zehn Jahre später sind Unschuld und Begehr ernsthafteren Dimensionen des Dramas gewichen. Tashis Karriere nahm nach einer Knieverletzung ein jähes Ende. Sie heiratete Art, der von ihr gecoacht höchst erfolgreich wurde. Zusammen besitzen sie ein Millionenvermögen und eine Tochter. Art aber befindet sich mit Anfang 30 im Leistungstief. Wenn es nach ihm geht, darf es bald vorbei sein mit dem Profisport. Tashi, die ihren Ehrgeiz durch den Ehemann auslebt, zwingt Art kurz vor den US Open zur Teilnahme an einem zweitklassigen Turnier, einem sogenannten Challenger. Er brauche Erfolge, sagt sie. Und er macht, was sie sagt. Beide wissen nicht, dass auch Patrick an diesem Turnier teilzunehmen gedenkt. Seine Karriere ist gescheitert. Ohne Kind und Kegel tuckert er in einem abgeranzten Auto durchs Land, kann sich nicht einmal mehr eine Nacht im Hotel leisten. Ein finales Aufeinandertreffen soll Entscheidungen bringen. Es geht um eine Freundschaft und eine Frau. Um Ehre, Geld und vor allem um Sex.

Viele kleine sportliche Einzelheiten sind, das wissen Tennisverrückte, in der Handlung unrealistisch abgebildet. Zum Beispiel ist die Teilnahme eines Spielers, der unter den ersten 20 der Weltrangliste rangiert, bei einem Challengers-Turnier gut zwei Wochen vor einem Grand Slam praktisch unmöglich. Es drohten in einem solchen Fall ernsthafte Geldstrafen oder gar Sperren. Ganz realistisch dargestellt hingegen ist das kärgliche Dasein derjenigen, die nicht in die ersten 100 der Weltrangliste vorstoßen können, und deren Preisgelder oft gerade einmal für Training und Miete reichen.

Als Onanistenfilm funktioniert »Challengers – Rivalen« recht gut, wenn auch sehr amerikanisch verhüllt. Klar, es gibt freie Oberkörper und pralle Hintern zu begaffen, doch die Sexszenen fallen ordentlich puritanisch aus. Der Kinozuschauer muss sich fragen, was ihm diese ellenlange Leinwandschwitzerei denn eigentlich vermitteln will außer einer Prise sparsame Erotik. Lauwarm und ungeil im Vergleich zum restlichen Geschehen dümpelt dabei der Soundtrack von Nine-Inch-Nails-Impresario Trent Reznor und seinem Dauerpartner Atticus Ross dahin. Selbstverständlich ist so ein Filmgedudel wirklich gutes Geld: die 23. Verwurstung des eigenen Ansatzes von Gruftgeflüster, dazu ein paar erratische Versatzstücke aus dem Popregal (New Order, Bruce Springsteen, Donna Summer).

Wenig überzeugend auch das Spiel von Zendaya, die sich offensichtlich zu gut als Femme fatale gefällt. Das Verführerinnengrinsen ist ihr in die Hamsterbäckchen gemeißelt. Schon nach einer halbe Stunde Film wird es doch sehr egal, wie sehr die zwei Tennistrottel sich um sie anstrengen. »Du bist einfach total sexy!«, lautet die redundante Feststellung der Männer. So viel emotionale Tiefe mag so manchem Zuchtbullen ein halbes Leben lang genug sein. Für 131 Minuten Film reicht es nicht.

»Challengers – Rivalen«: USA 2024. Regie: Luca Guadagnino; Buch: Justin Kuritzkes. Mit: Zendaya, Josh O’Connor, Mike Faist. 131 Min. Jetzt im Kino.

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