Erster Prozess gegen »Reichsbürger«-Netzwerk beginnt am Montag

Anklage wegen terroristischer Vereinigung, Hochverrat und versuchtem Mord

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Mikrofon ist an einem Tisch in dem Gerichtssaal im Oberlandesgericht angebracht, in dem der Reichsbürger-Prozess verhandelt wird. Die Angeklagten sitzen hinter Trennwänden aus Glas.
Ein Mikrofon ist an einem Tisch in dem Gerichtssaal im Oberlandesgericht angebracht, in dem der Reichsbürger-Prozess verhandelt wird. Die Angeklagten sitzen hinter Trennwänden aus Glas.

Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart beginnt am Montag der Prozess gegen neun mutmaßliche Mitglieder des Reichsbürgernetzwerks um den Mann, der sich »Heinrich XIII. Prinz Reuß« nennt. Sie sollen geplant haben, die demokratische Ordnung in Deutschland mit Gewalt zu beseitigen. Hierfür haben sie sich den Ermittlern zufolge Hunderte Waffen besorgt und Feindeslisten entworfen. Mit einer Stürmung des Reichstags wollten sie die Bundesrepublik stürzen, so die Bundesanwaltschaft.

Die 2022 aufgeflogene Gruppe soll bei ihren Umsturzplänen bewusst Tote in Kauf genommen haben. Als neues Staatsoberhaupt hätte Reuß fungieren sollen. Die ehemalige Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann hätte für das Ressort Justiz zuständig sein sollen. Auch ein Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr ist beschuldigt. Allen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, sie sollen außerdem ein hochverräterisches Unternehmen vorbereitet haben. Ein Angeklagter soll bei einer Durchsuchung zwei Beamte mit einer Schusswaffe verletzt haben. Die Anklage lautet hier auf versuchten Mord.

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Die Verhandlungen finden im streng gesicherten Saal des Oberlandesgerichts in Stuttgart-Stammheim statt. »Das ist eines der größten Staatsschutzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik«, meint der Präsident des Oberlandesgerichts, Andreas Singer. Weitere insgesamt 18 Anklagen erhob die Bundesanwaltschaft vor den Oberlandesgerichten Frankfurt am Main und München. Ab dem 21. Mai sollen in Frankfurt am Main die mutmaßlichen Köpfe des Netzwerks vor Gericht stehen, darunter Reuß selbst. Der dritte Prozess soll am 18. Juni in München beginnen.

»Dass sich drei Oberlandesgerichte parallel mit ein und derselben terroristischen Vereinigung befassen, die noch gar nicht gerichtlich festgestellt wurde, ist außergewöhnlich«, sagt der Gerichtspräsident Singer.

Die Verhandlungen dürften komplex und aufwendig werden. Allein in Stuttgart gibt es neben fünf Richtern 22 Verteidiger. Angeklagte in einem Verfahren können als Zeugen in anderen Verfahren geladen werden. Jedes Gericht muss seine eigenen Beweise erheben.

Vor Beginn des ersten Prozesses hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine »harte Gangart« gegen ähnliche Netzwerke angekündigt. »Diese militanten ›Reichsbürger‹ sind getrieben vom Hass auf unsere Demokratie«, erklärte Faeser am Sonntag in Berlin. dpa/nd

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