Heilpflanze des Jahres 2024: Heiliger Hollerbusch

Holunder, die Heilpflanze des Jahres 2024, wird gerne in Küche und Hausapotheke genutzt

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 5 Min.
Holunder in voller Blüte
Holunder in voller Blüte

Bis ins 18. Jahrhundert fürchteten Menschen krank zu werden, wenn sie einen Holunderbaum beschädigten. Da viele Bestandteile der Pflanze für Gesundheitszwecke nützlich sind, wurde sie hoch verehrt. Naturschutz und Anwendung gegen Krankheiten hielten sich dabei die Waage und bedingten einander. Auch heutzutage, während der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) als Heilpflanze des Jahres 2024 neue Aufmerksamkeit erhält, gilt es diesen Brauch anzuerkennen und zu bewahren.

Der Schwarze Holunder, dessen Wirksamkeit in zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt ist, gehört zur Familie der Moschuskrautgewächse. In Europa gedeihen rund 30 verschiedene Arten. Der Hirsch-Holunder trägt leuchtend rote Beeren, die in größeren Mengen Durchfall verursachen und für Kinder lebensgefährlich sein können. Auch die schwarzen Beeren des Zwergholunders sind giftig. Dieser wächst als mehrjährige Staude höchstens zwei Meter hoch. Schwarzer Holunder kann als kleiner Baum oder großer Strauch eine Höhe von drei bis sieben Metern erreichen. Auch dessen Beeren sollten nicht roh gegessen, sondern für einige Minuten bei einer Temperatur von 80 Grad Celsius erhitzt werden.

Die Ursprünge der Verehrung des Holunderbaumes und mit ihm der namensgebenden Frau Holle, liegen weit vor den ersten schriftlichen Zeugnissen der Menschheit. Aus archäologischen Funden in der Schweiz, datiert auf einen Zeitraum vor 12 000 Jahren, konnten Reste von Holundersamen und Beeren in steinzeitlichen Höhlen nachgewiesen werden. Mit Beginn der Christianisierung wurden viele alte Bräuche rund um den Hollerbusch verboten.

Nichtsdestotrotz zeugen bewusst in die Nähe von Häusern gepflanzte Holunderbüsche bis heute von deren Wertschätzung für Küche und Hausapotheke. Im Grunde geriet die heilungsfördernde Anwendung der Blüten, Blätter, Beeren, Rinde und Wurzel niemals in Vergessenheit. Jedoch wissen viele Leute teils nicht mehr, wie unscheinbar ein Holunderstrauch aussieht, solange er noch nicht ausgetrieben hat. Kleingärtnern, die ein Stück Schrebergarten in Pflege nehmen, sei deshalb angeraten, vor größeren Jät- und Säuberungsaktionen eine Vegetationsperiode abzuwarten und zunächst zu beobachten, welche Pflanzenschätze auf dem anvertrauten Stück Erde bereits von Vorgängerinnen herangezogen wurden und verwurzelt sind.

Gerade der Holunder zeigt sich erst spät im Frühling in seiner eigenwilligen Schönheit. Noch bis in den April sehen die Äste grau und wie abgestorben aus. Nur das weiche weiße Mark in den Zweigen zeigt an, dass der Strauch lebendig ist. Die wunderschönen federleichten weißen Blütendolden entwickelt der Holunder meist erst ab Mitte Mai, als wollte der nördlich beheimatete Strauch mögliche Spätfröste noch abwarten. Jedoch fängt er, womöglich als Folge des Klimawandels, von Jahr zu Jahr früher an zu blühen.

Sobald sich die weißen Blütendolden geöffnet haben, können sie bei trockenem Wetter als Vorrat gesammelt und konserviert werden. Holunderblüten werden allgemein bei verschiedenen Infektionen der oberen Luftwege genutzt, die mit Halsweh, Schnupfen und Schmerzen beim Schlucken fester Nahrung einhergehen.

Die Blüten des Schwarzen Holunders duften nach Honig, die Trugdolden bestehen aus sternförmigen Blüten, die an Schneeflocken erinnern. Vielleicht entstand daher die Assoziation zu Frau Holle. Der Duft der heilsamen Blüten resultiert aus Inhaltsstoffen wie ätherischen Ölen und antioxidativen Flavonoiden. Außerdem enthalten sie Schleimstoffe und sogar kleine Mengen hochwertiges Eiweiß sowie die Vitamine A, B2, B3 und C. In Eierkuchenteig getaucht und in heißem Fett ausgebacken, lassen sich leckere Küchlein zaubern.

Getrocknet dienen Holunderblüten der Zubereitung von »Fliedertee«, wie er im norddeutschen Sprachraum genannt wird, wobei damit keinesfalls die Blüten des lila oder weiß blühenden Flieders gemeint sind. Heißer Hollerblütentee wirkt stark schweißtreibend. Nach dem Schwitzen empfiehlt sich eine kurze kalte Dusche. Ähnlich wie beim Abkühlen nach einem Saunagang schüttet der Körper dann Abwehrstoffe gegen Viren aus. Schnelles Abtrocknen und danach zurück ins warme Bett – so lässt sich die Genesung fördern.

Auch eine Anwendung bei Ohrenschmerzen durch Erkältungen ist bekannt. Dazu wird ein Leinensäckchen mit den Blüten gefüllt, mit kochendem Wasser überbrüht und ausgedrückt. Handwarm wird das Säckchen auf das Ohr gelegt.

Weiterhin regen die Blüten Blase, Nieren sowie die Leber an. In Form von Holunderblüten-Wasser oder -Essig können sie gut eingenommen werden. Für dieses »Wasser« lässt man vier Blütendolden, einen Liter abgekochtes, kühles Wasser und zwei Gramm Weinsteinsäure (aus der Apotheke) circa zwölf Stunden ziehen. Danach wird abgeseiht. Holunderblüten für drei Tage in Apfelessig einzulegen, ist ebenfalls eine Möglichkeit, Alkohol bei der Konservierung zu vermeiden. Mit Honig gesüßt und mit Wasser verdünnt eignet sich der Blütenessig auch für Kinder.

Am bekanntesten ist Holundersirup, der aus 1,5 Kilogramm Zucker, 150 Gramm Holunderblüten, 3 Liter Wasser und dem Saft von 3 Zitronen bereitet wird. Dieser ist jedoch für Menschen mit Übergewicht sowie mit Diabetes mellitus weniger zu empfehlen.

Nach der Blüte bildet der Strauch in schweren Trugdolden hängende grüne Beeren aus. Sobald sie sich vollkommen schwarz gefärbt haben, sind sie erntereif. Die Beeren enthalten reichlich die Vitamine C, E und A sowie die für die schwarzblaue Farbe verantwortlichen wertvollen Anthocyane. Holundersaft – regelmäßig ein Gläschen von 50 bis 100 Millilitern – beugt verschiedenen Alterserkrankungen wie Verkalkung der Herzkranzgefäße, Demenz oder Morbus Parkinson vor. Auch gegen schmerzhafte Neuralgien und Rheuma soll der Saft helfen. Der Holunder kann also das ganze Jahr über für die Gesundheit von Nutzen sein.

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