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Fertig zur Generalrevision
Datenschützer wollen konkrete Vorschläge im Frühjahr vorlegen
Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern erwarten von der neu gewählten Bundesregierung eine »Generalrevision« des Datenschutzrechts. Die Änderungen der vergangenen Jahre seien lediglich »Notoperationen« gewesen, die »nur sehr unzureichend die Erfordernisse der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts erfüllen«, erklärte der Berliner Datenschützer Alexander Dix am Freitag zum Abschluss der gemeinsamen Herbstkonferenz. Den nötigen Neustart illustrierte der schlichte Hinweis: Die bestehenden Regelungen stammen aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts.
Im Frühjahr wollen die Datenschützer Eckpunkte für ein modernes Datenschutzrecht vorlegen. Es soll unter anderem Vorschläge enthalten, wie Daten im Internet gelöscht werden können. »Das ist bisher einfach nicht möglich«, verwies Dix auf die Probleme, die etwa Vervielfältigungen, Verlinkungen oder »Spiegelungen« von Seiten im Internet mit sich bringen.
Überfällige Reformen sind nach den Worten des diesjährigen Berliner Konferenzvorsitzenden bislang »bestenfalls auf halbem Wege stecken geblieben«. Und so sind viele Forderungen für die neue Legislatur die der alten: Der gesetzliche Schutz der Beschäftigten vor Überwachung am Arbeitsplatz stehe ebenso Aus wie die Evaluierung der Überwachungsgesetze der letzten Jahre und die Rücknahme von Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung.
Die Datenschützer kritisieren zudem Pläne auf internationaler Ebene zum weiteren Datenaustausch. So sollen mit dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen »Stockholmer Programm« weitere zentrale Datenbanken eingeführt werden, etwa für Ein-und Ausreisen in die oder aus der EU. Der Datenschutz, der mit dem Lissabon-Vertrag zum Grundrecht erhoben würde, hinke insbesondere im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit weit hinterher, kritisierte Dix.
Eindringlich warnte die Expertenkonferenz vor dem Aufbau eines »transatlantisches Terrorfahndungssystems«. So wollen US-Behörden künftig verdachtsunabhängig auch auf Bankdaten zugreifen, die bei Transaktionen innerhalb von Europa anfallen, also keinerlei Bezug zu den Vereinigten Staaten aufweisen. »Nicht einmal die deutschen Behörden haben diese Befugnis«, betonte Dix. Die Bundesregierung dürfe einem solchen Abkommen, über das Kommission und US-Regierung derzeit verhandeln, im Ministerrat nicht zustimmen.
Auf ihrer zweitägigen Konferenz beschäftigten sich die Datenschutzbeauftragten auch mit dem Missbrauch von Patientendaten in Krankenhäusern. »Oft ist nicht nachvollziehbar, wer wann auf welche Daten zugegriffen hat«, monierte Dix. Die Hersteller müssten einen restriktiveren Zugriff ermöglichen. Scharfe Kritik übte die Runde auch an Behörden, die Informationen über Hartz-IV-Empfänger oder verschuldete Menschen an Produzenten von sogenanntem Reality-TV weitergeben. »Behörden dürfen sich nicht daran beteiligen, Menschen im Fernsehen an den Pranger zu stellen«, sagte Baden-Württembergs oberster Datenschützer Jörg Klingbeil, der die Konferenzen im nächsten Jahr ausrichten wird.
»Reality-TV«
Die Sendungen boomen: Da klingeln Jobcenter-Mitarbeiter bei einem Hartz-IV-Bezieher, der einen Termin versäumt hat. Oder eine Gerichtsvollzieherin vollzieht einen Haftbefehl gegen einen Schuldner – mit dabei: Fernsehkameras, die mit diesen Produktionen den Voyeurismus der Zuschauer befriedigen. Die Betroffenen dagegen werden bloßgestellt. Justiz-, Polizei- und Sozialbehörden scheinen mittlerweile wichtige »Lieferanten« für solche Sendungen zu sein, die erheblich in die Rechte einzelner Menschen eingreifen, kritisieren die Datenschutzbeauftragten. Die Datenweitergabe an Dritte sei klar rechtswidrig. Gefragt werden die Betroffenen oftmals nicht. Und liegt eine Einwilligung vor, halten die Datenschützer sie wegen der Abhängigkeit von den staatlichen Stellen für zweifelhaft. Die Datenschützer fordern deshalb von den Behörden, an solchen »Reality«-Reportagen nicht mitzuwirken. IW
DNA-Spuren
Die »Heilbronner Trugspur« auch bekannt als »Wattestäbchen-Fall«, bei der nach einem Polizistenmord eine Unschuldige ins Visier der Fahnder geriet, hat erstmals bewusst gemacht: Auch DNA ist nicht so eindeutig wie gedacht. Eine Studie aus Israel hat zudem belegt, dass genetische Fingerabdrücke künstlich erzeugt und falsche Spuren gelegt werden können. Noch ist die DNA-Herstellung mit erheblichem Aufwand verbunden. Das wird aber sicher nicht so bleiben. Vor diesem Hintergrund hat sich die Konferenz der Datenschutzbeauftragten mit den neuen Entwicklungen im Bereich der Personenidentifizierung durch DNA befasst. Die Datenschützer sind deutlich skeptischer geworden, was den Wert der Erbgut-Analyse bei der Tätersuche angeht. Sie mahnen Qualitätskontrollen in Laboren an und bringen strengere Gesetze ins Gespräch. IW
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