LINKE ohne große Eile

Rheinland-Pfalz: Trennung von Amt und Mandat erst 2011

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach heftigen personellen Konflikten und einer aufwendigen Urabstimmung über die Trennung von Amt und Mandat will die rheinland-pfälzische Linkspartei bis zur Landtagswahl am 27. März um den Einzug in den Mainzer Landtag kämpfen.
Theisinger-Hinkel
Theisinger-Hinkel

»Je stärker DIE LINKE, desto sozialer das Land«, lautet der Titel eines Leitantrags zur Landespolitik, den die Delegierten des Landesparteitags am Wochenende in Saarburg bei Trier verabschiedeten. Das Papier beschreibt die Partei als »Motor eines politischen Wandels« und kritisiert scharf die soziale Wirklichkeit im SPD-regierten Rheinland-Pfalz. Das Land nehme bundesweit einen »unrühmlichen Spitzenplatz bei der Verhängung von Hartz-IV-Sanktionen« ein. Zudem seien landesweit 7500 reguläre Arbeitsplätze durch den rechtswidrigen Einsatz von Ein-Euro-Jobs vernichtet worden. Im Lande befänden sich 44 Prozent aller erwerbstätigen Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen.

»Statt in die Zukunft zu investieren, werden Steuergelder für unsinnige Vorhaben wie die Hochmoselbrücke bei Wittlich, die Rheinquerung oder die Erlebniswelt Nürburgring verschleudert«, heißt es im O-Ton. Das Papier prangt ebenso eine »Rahmenvereinbarung« zwischen Landesregierung und Bundeswehr an, die es der Armee gestatte, »in den Schulen für ihre völkerrechts- und verfassungswidrigen Angriffskriege zu werben«.

»Lasst uns den politischen Gegner attackieren«, forderte Tanja Krauth, Kandidatin auf Platz zwei der Landesliste, die Delegierten auf. Die SPD-Alleinregierung des Ministerpräsidenten Kurt Beck habe »viel zu wenig in die Zukunft unserer Kinder investiert« und trage mit ihrem »finanziellen Minderengagement die Verantwortung dafür, dass Rheinland-Pfalz hier bundesweit auf dem vorletzten Platz« rangiere. Statt sich der Forderung nach gemeinsamem Lernen bis zum 10. Schuljahr anzuschließen, halte Beck weiterhin am »Flickwerk eines veralteten dreigliedrigen Schulsystems« fest. Die in Rheinland-Pfalz eingeführte »Realschule plus« sei Ergebnis der »misslungenen SPD-Strukturreform und reine Augenwischerei«, die keine Wirkung zeige. Auch Julia Klöckner betreibe nichts anderes als eine »Fortsetzung verfehlter Bildungspolitik statt zukunftsweiser Alternativen«, erklärte Krauth in einem Seitenhieb auf die CDU-Spitzenkandidatin, die im März das SPD-Schwergewicht Beck aus der Mainzer Staatskanzlei verdrängen möchte.

Spannendster Teil der Vorstandswahlen in Saarburg und Kraftprobe zwischen den Lagern war die Kampfabstimmung um die Position einer gleichberechtigten Vorsitzenden. Dabei setzte sich die Landesgeschäftsführerin Elke Theisinger-Hinkel (Kaiserslautern) mit 107 Stimmen gegen die bisherige Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Kathrin Senger-Schäfer durch, für die 87 Delegierte votierten. Theisinger-Hinkel war jahrelang Wahlkreismitarbeiterin des Bundestagsabgeordneten Alexander Ulrich, der im Sommer aus Kritik über die Zusammenstellung der Landesliste für die Landtagswahl überraschend als Landesvorsitzender zurückgetreten war. Neuer gleichberechtigter Landeschef ist nun der Rechtsanwalt Wolfgang Ferner (Bitburg), der sich gegen mehrere Bewerber behauptete. Weniger spannend war die Wahl ihrer neuen Stellvertreter Anne Erb (Mainz) und Martin »Wanja« Klein (Westerwaldkreis).

Theisinger-Hinkel und Ferner kandidieren auf vorderen Listenplätzen für den Landtag und haben bei einem Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde am 27. März ihr Landtagsmandat sicher in der Tasche. Über eventuelle Konflikte zwischen Mandat und Vorstandsfunktion müssen sie sich keine Sorgen machen. Zwar hatte das Ulrich-Lager in den letzten Wochen eine landesweite Urabstimmung der Mitglieder über eine konsequente Trennung von Amt und Mandat angestrengt und dabei unter den Abstimmenden eine Mehrheit für die Trennung erreicht (ND berichtete). Doch mit der Umsetzung dieses Mitgliederwillens lässt man sich nun viel Zeit. So sieht ein von den Initiatoren des Mitgliederentscheids eingebrachter und vom Kongress beschlossener Initiativantrag vor, dass erst im Herbst 2011 ein Landesparteitag verbindlich die Umsetzung des Mitgliederentscheids festlegen soll. Bis dahin darf weiter diskutiert werden.

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