Wasserschwund in Andental
»Global Nature Fund« nennt Laguna de Fúquene »Bedrohten See des Jahres 2011«
Nur 80 Kilometer von Kolumbiens Millionen-Hauptstadt Bogotá entfernt erstreckt sich der Fúquene-See. In einem östlichen Andental auf einer Höhe von 2540 Metern zwischen den Departamentos Cundinamarca und Boyacá gelegen, ist der See für 200 000 Menschen in den anliegenden 18 Gemeinden wichtigste Wasserquelle. Der See, Teil eines Verbundes von Flüssen, Feuchtgebieten und kleineren Seen im 1974 Quadratkilometer großen Ubaté-Tal, droht zu verschwinden.
Neben einer Übernutzung des Wassers ist der Raubbau an den Wäldern des Tales wohl Ursache der dramatischen Veränderung. Bedeckte vor 80 Jahren das Gewässer noch eine Fläche von rund 10 000 Hektar, so sind es heute nur noch 3000 Hektar. Viehzucht, Ackerbau und Bergbau bedrohen das wichtige Wassernetz. Zugleich sind vom Menschen unberührte Primärwälder durch Abholzung so gut wie verschwunden. Nur noch zehn Prozent der Fúquene-Senke sind bewaldet. 53 Prozent der Flächen werden für den Kartoffelanbau, 35 Prozent als Weiden für Milchkühe verwendet. Gemeinden und Viehbetriebe leiten immer mehr ungeklärtes Abwasser ein. Ergebnis der Überdüngung: Pflanzen wie Wasserhyazinthe und Wasserpest überwuchern alles und der See verlandet.
»Falls keine sofortigen Maßnahmen getroffen werden, ist der Umweltkollaps in den kommenden zehn Jahren unausweichlich«, warnt Hendrik Hoeck, Biologe, Südamerika-Experte und Präsidiumsmitglied des Global Nature Fund (GNF) vor dem Verschwinden des Fúquene-Sees. Nicht nur ein Gebiet mit »einzigartiger Artenvielfalt« würde für immer zerstört werden. Auch die Milchwirtschaft, die für die lokale Bevölkerung überlebenswichtig ist, hätte infolge des sinkenden Grundwasserspiegels mit »großen Problemen« zu rechnen.
»Es ist schon sehr paradox, denn wenn die Regierung weiterhin zulässt, dass immer neue Flächen trockengelegt werden und dadurch der See bald stirbt, dann wird auch die Milchwirtschaft daran zugrunde gehen«, kritisiert der GNF-Biologe die Kurzsichtigkeit der Politik.
Seitens der Regionalverwaltung sei in Sachen Ökologie wenig zu erwarten. Durch den Bau eines Seitenkanals fördere sie die Trockenlegung des Sees. Wasser aus den Andenzuflüssen kann nicht mehr in die Lagune nachströmen, sondern gelangt direkt in den abfließenden Rio Suárez. Dabei seien die negativen Konsequenzen für Natur und Mensch unübersehbar. Fische, 32 Zugvogelarten sowie über 120 heimische Vogelarten wie Indianerdommel, Grünschnabelteichhuhn, Sumpfzaunkönig und Gelbkopfstärling sind in Gefahr. Heute ist der See so stark belastet, dass er stinkt und die Mehrzahl der Fische an Sauerstoffmangel verendet ist. Über 80 Fischerfamilien stehen am Rande des Ruins. Der noch junge Ökotourismus ist abgewürgt.
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