Was sich das Handy so alles merkt

Apple-Rekordzahlen von neuerlicher Datenschutz-Debatte überschattet

  • Christoph Nitz
  • Lesedauer: 3 Min.
Apple stürmt weiter von einem Rekordquartal zum nächsten – und Beobachter warten noch immer vergeblich auf den Fall des Technologiekonzerns. Überschattet war die Unternehmenspräsentation von neuen Vorwürfen über Datenschutzverstöße.

»Wir feuern aus allen Rohren« – gewohnt überheblich kommentierte Apple-Chef Steve Jobs das jüngste Quartalsergebnis. 24,67 Milliarden Dollar Umsatz und 5,39 Milliarden Dollar Gewinn bedeuteten beinahe eine Verdopplung zum Vorjahr. Besonders die Verkäufe von 18,65 Millionen iPhones und 3,76 Millionen mobilen und Schreibtischcomputern ließen die Kassen kräftig klingeln. 20 Mal in Folge wuchsen die Rechner-Verkäufe der Kalifornier stärker als der PC-Markt insgesamt. Apple wächst also solide im Stammgeschäft.

Einst mit Slogans wie »Think different« als frecher David gestartet, agiert das Unternehmen mit steigender Marktmacht aber immer mehr wie ein Riesenkonzern. So hat Apple Patentrechtsklage gegen die Mobilfunksparte von Geschäftspartner Samsung – die Südkoreaner lieferten im vergangenen Jahr für 5,6 Milliarden Dollar vor allem Speicherelemente – eingereicht. Gegenklagen in Südkorea, Japan und Deutschland folgten umgehend. Derzeit befindet sich fast die gesamte Branche der Smartphone-Anbieter in einem Justiz-Wettlauf, bei dem Apple fast immer dabei ist. Meist enden Klagen mit Ausgleichszahlungen, denn die meisten dieser Mobiltelefone gelten als technisch ähnlich ausgestattet. Im Fall Apple gegen Samsung erstaunt aber die schrille Tonlage – ein Sprecher in Cupertino ließ sich mit den Worten zitieren, dass Samsung alles bis hin zur Verpackung geklaut habe. Hintergrund der Attacke dürfte freilich der Erfolg des konkurrierenden Google-Betriebssystems Android für Mobiltelefone diverser Hersteller sein.

Derweil gibt es Ärger wegen der Enthüllung britischer Informatiker, wonach das mit dem im Juni 2010 eingeführten Betriebssystem iOS4 ausgestattete iPhone 3G sowie das iPad 3G in einer versteckten Datei regelmäßig sogenannte Geodaten speichern. Aufenthaltsorte des Nutzers über einen langen Zeitraum werden auf dem Mobiltelefon selbst und bei der Datensynchronisation mit einem herkömmlichen Rechner dort ein weiteres Mal gespeichert. Mit einer Software namens iPhone Tracker lassen sich die Ortsdaten auf einer Karte darstellen. Peter Schaar, Datenschutzbeauftragter des Bundes, und sein bayerischer Kollege Thomas Kranig wollen vom Konzern Aufklärung, was, wie lange und vor allem wozu gespeichert werde. Ein Sprecher von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte Apple auf, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Das heimliche Erfassen und Speichern der Standort-Daten eines Smartphones wäre ein grober Eingriff in die Privatsphäre des Nutzers. Bewegungsprofile zählten zu den sensibelsten persönlichen Daten überhaupt und dürften nur mit »gesonderter und ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen« erhoben werden.

Beobachtern zufolge speichern auch Handys mit dem Google-Betriebssystem Bewegungsprotokolle – aber nur, wenn der Nutzer dies ausdrücklich so eingestellt hat. Daher dürften die neuerlichen Skandal-Schlagzeilen das Image des angebissenen Apfels keinesfalls aufpolieren. Für das Geschäftsgebaren und den mangelnden Datenschutz gab es kürzlich erst einen »Big-Brother-Award« verbunden mit dem wenig schmeichelhaften Etikett »Datenkrake«.

Aus dem Jäger wird ein vom Markt und den hochgeschraubten Erwartungen Gejagter. Ein wenig ist die heile Apple-Welt wie bei Hölderlin zur Hölle mutiert – die immer diejenigen schaffen, die ein Paradies versprechen.

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