Der Direktor

Hans-Peter Keitel ist der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Man muss es sich so vorstellen wie früher in der Schule: Wer unartig war und nicht hübsch achtgegeben hat auf das, was der Herr Lehrer gesagt hat, muss zum Nachsitzen kommen. So musste die Kanzlerin gestern reumütig vor die Wirtschaftsbosse der Republik treten und Besserung geloben.

Hoffentlich hat sie vorgestern auch brav den Wirtschaftsteil der »FAZ« studiert, wie es sich gehört! Darin hat Hans-Peter Keitel, der seit drei Jahren dem BDI vorsitzt und sich 2010 in einer Lobbyinitiative der großen Stromkonzerne für eine Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke einsetzte, per Interview der Kanzlerin eine kostenlose Nachhilfestunde gegeben: »Wir Unternehmer haben uns mehr von dieser Regierung erwartet«, tadelt der 65-Jährige deren Leistungen. Da stünden die rot-grünen Streber mit ihrer Agenda 2010 deutlich besser da!

Zwar ist es mühsam, jeden zweiten Satz des BDI-Präsidenten erst aus dem Kryptischen ins Deutsche übersetzen zu müssen, will man verstehen, was gemeint ist. Doch es lohnt sich: »Sponsoring ist ja nicht per se falsch.« Übersetzung: Unsere Angestellten, die Politiker, haben zu spuren, dafür bezahlen wir sie. »Versäumt wurde, das Sozialsystem wettbewerblicher aufzustellen.« Übersetzung: Auch wer nichts mehr hat außer seinem nackten Leben, kann mit etwas Fantasie noch profitabel verwertet werden. »Unsere Energie« müsse »sicher, sauber und bezahlbar bleiben«. Übersetzung: Meine Freunde aus der Atomindustrie haben sich bei mir beschwert. »Davon profitierten alle.« Übersetzung: Davon profitierten wir. »Wir müssen uns vom traditionellen Denken in politischen Lagern verabschieden.« Übersetzung: Welche Parteien wir dafür bezahlen, unsere Interessen zu vertreten, ist uns egal. »Alles, was verteilt wird, muss erst erwirtschaftet werden.« Übersetzung: Ausbeutung funktioniert nur, wenn es auch Auszubeutende gibt.

»Die meisten Menschen«, meint Keitel, »haben ohnehin ein sehr gutes Gespür für die Grenzen des Anstands.« Diesen Satz muss man nicht vollständig übersetzen. Um der Wahrheit teilhaftig zu werden, reicht es aus, das Wort »Anstands« durch das Wort »Verarschtwerdens« zu ersetzen.

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