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Hans Scholl ein später Held?
Barbara Ellermeier schrieb eine Biografie über Hans Scholl (Hoffmann & Campe)
nd: Die Weiße Rose wird vor allem mit Sophie Scholl in Verbindung gebracht. Wollen Sie mit Ihrer Biografie über Hans Scholl ein bisschen den Mythos korrigieren?
Ellermeier: Mythos ist ein großes Wort. Mein Geschichtsprofessor hat immer gesagt: »Das Uninteressante ist das Interessante.« Der Nachlass von Hans Scholl im Institut für Zeitgeschichte in München wurde erst jetzt komplett freigegeben. Da habe ich Hunderte Briefe entdeckt, an Freunde und Freundinnen, Geschwister und Eltern. Sie ergeben ein sehr dichtes Bild, teilweise kann man sogar Tagesabläufe rekonstruieren.
Welche neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Bisher hatte man immer einen draufgängerischen Helden vor Augen. Ich war überrascht, wie spät Hans Scholl sich zum aktiven Widerstand entschloss und wie zwiespältig er war. Nach außen wirkt er wie ein Netzwerker, innerlich sehnt er sich danach, allein zu sein. Neu für mich war auch, dass die Weiße Rose keine homogene Gruppe war. Ich erkannte, wie sehr sie in Bewegung war. An den Rändern kamen ständig neue Leute dazu, andere sprangen wieder ab.
Der Vater Robert Scholl war Pazifist. Hans und Sophie waren zunächst dem Nationalsozialismus nicht abgeneigt.
In der Familie muss es starke Konflikte gegeben haben. Hans stritt sich mit dem Vater wegen der Hitlerjugend und hängte gar ein Bild von Hitler im Kinderzimmer auf.
Im Februar 1942 ist Hans Scholls Welt dann in den Grundfesten erschüttert. Er ist im Arrest, weil seine Studentenkompanie einen Vorgesetzten ausgepfiffen hat. Zudem ist seine Familie bedroht, weil sein Vater den »Führer« beleidigt hat. Robert Scholl drohen Haft und Berufsverbot. Es dauert dann noch zwei, drei Monate, bis sich die Freunde Hans Scholl und Alexander Schmorell zusammentun und in München die ersten vier Flugblätter versenden.
Wie war das Verhältnis von Hans Scholl zu Schwester Sophie?
Eigentlich stand Hans seiner ältesten Schwester Inge sehr viel näher. Wenn er ein Problem hatte, schrieb er ihr und nicht Sophie. Mit Sophie verbrachte er über weite Jahre kaum gemeinsame Zeit; er war beim Militär, sie beim Reichsarbeitsdienst. Erst im Mai 1942 kommt Sophie zu Hans nach München, im November beziehen sie gemeinsam das Gartenhaus in Schwabing. Dieses Geschwisterverhältnis, wie wir es aus Filmen kennen, währte nur vier Monate.
Wieso ließen sich Hans und Sophie Scholl am 18. Februar 1943 bei einer Flugblattaktionen in der Münchner Universität widerstandslos von einem Hausmeister verhaften?
Unvorsichtigkeit durch Überarbeitung, wenig Schlaf. Übermut.
Welche weiteren Korrekturen erbrachten Ihre Recherchen?
Die Verhöre waren bestimmt nicht so freundlich wie es der Film »Sophie Scholl. Die letzten Tage« suggeriert, wo sie Kaffee trinkt und rauchen darf. Am ersten Verhörtag haben die Beamten Hans Scholl elf Stunden befragt und ihm die ganze Zeit mit einer grellen Lampe ins Gesicht geleuchtet.
Was hat Hans Scholl uns heute noch zu sagen?
Wenn man sich eingeschränkt fühlt, sollte man für seine Freiheit kämpfen. Fragen: Olaf Neumann
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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