Zelt, Zentrum, Frankfurt

Blockupy holt Veranstaltungen nach - die inhaltlichen, Blockaden erst später

Ein Tag Alternativen zur Krisenpolitik, ein Tag Protestplanung - Blockupy ist am Wochenende erneut in Frankfurt.

Blockupy Frankfurt geht am Wochenende in die zweite Runde: Mit Zelt, im Zentrum und mit kritischen Diskussionen zur Krisenpolitik in Europa. All das hatte die Bankenstadt im Mai mit einem Totalverbot sämtlicher Veranstaltungen über die Himmelfahrtstage verhindert. Das maßgeblich von Attac, Linkspartei und der Interventionistischen Linken (IL) getragene Blockupy-Bündnis wollte damals auch die Europäische Zentralbank (EZB) einen Tag lang blockieren. Die Polizei riegelte daraufhin die Frankfurter Innenstadt mehrere Tage lang ab. Nur eine Demonstration durfte nach Intervention eines Gerichts stattfinden.

Nun wird ein Teil der inhaltlichen Diskussionen nachgeholt, wenngleich in kleinerem Rahmen. In dem Zelt auf dem Roßmarkt ist für etwa 400 Menschen Platz. Aber es geht ums Prinzip. »Wir bestehen auf unserem Recht, unsere Kritik an der europaweiten Verarmungspolitik der Bundesregierung und der Troika mitten im Finanzzentrum von Frankfurt am Main zum Ausdruck zu bringen«, sagt Blockupy-Sprecher und Attac-Aktivist Roland Süß.

Beim inhaltlichen Austausch soll es nicht bleiben. Die Veranstaltungen sollen vielmehr die Argumente liefern, warum Protest auf der Straße auch weiterhin nötig ist. Ziemlich sicher im Frühjahr, wahrscheinlich in Frankfurt - genaueres wird am Sonntag beim Bewegungsratschlag beraten. Trotz der heftigen Reaktion seitens der Stadt wollen die Bündnissprecher auch in Runde drei auf zivilen Ungehorsam nicht verzichten. »Blockupy kommt nun mal von Blockade«, so Hessens LINKE-Chef Ulrich Wilken. »Auch für die Blockaden in Mutlangen hat es in den 80er Jahren ein paar Anläufe gebraucht.« Damals trieb die Angst vor einem dritten Weltkrieg die Menschen auf die Straße. Heute ist der Entzug der Existenzgrundlage für Millionen in Europa aus Sicht des Bündnisses Grund genug für außerordentliche Aktionen. »Das Widerständige und Freche sollte noch deutlicher werden«, meint IL-Vertreter Christoph Kleine.

Wann die Aktionen genau stattfinden, wird erst nach dem Wochenende entschieden. Die Vorschläge sollen noch mit anderen Protestkreisen abgestimmt werden - vor allem mit Aktivisten in Südeuropa, die beispielsweise den EU-Gipfel im März in Brüssel ins Auge gefasst haben. Aber auch Termine des Umfairteilen-Bündnisses von Gewerkschaften und Sozialverbänden sind zu berücksichtigen. Man will sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen.

Jenseits von Terminfragen wird das Verhältnis zu »Umfairteilen« noch grundsätzlicher eine Rolle spielen. Die Stoßrichtung der Bündnisse ist ähnlich, in beiden gibt es jedoch Vorbehalte: Den einen ist der andere zu sehr, den anderen zu wenig radikal. Eine Verschmelzung gilt daher als unrealistisch. »Beide Bündnisse machen Sinn. Man muss sie nicht in einen Topf werfen«, vertritt Attac-Mann Süß, dessen Organisation wie die Linkspartei an beiden Tischen vertreten ist. Aus Sicht der LINKEN sollte man sich jedoch stärker positiv aufeinander beziehen.

Kontroverser könnte das Anliegen der IL sein, das linksradikale Bündnis M31 zu integrieren. Bei der M31-Demonstration in Frankfurt war es im März zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen, was die Stadt zum Vorwand nahm, die Aktionen von Blockupy im Mai zu verbieten. Die bei M31 gepflegte Schwarze-Block-Ästhetik und Beschädigungen von Bankfilialen gefallen nicht jedem im Blockupy-Spektrum.

Auch wenn die politisch Verantwortlichen in Berlin sitzen - bislang zeichnet sich ab, dass es Frankfurt sein wird, das im Frühjahr wieder Besuch bekommt. »Wir sind hier richtig, nicht vor allem wegen der EZB, sondern wegen der Großbanken«, erklärt LINKEN-Politiker Wilken. Die IL hat auch ein strategisches Argument. »Die besondere Wirkung ist nur in Frankfurt möglich«, glaubt Christoph Kleine. Anders als in Berlin sorgen Großdemonstrationen in der Bankenmetropole noch für Aufsehen.


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