Occupy? Wer ist das eigentlich?

Proteste gegen das Krisenregime und eine Studie der Universität Trier

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Proteste „gegen die europaweite Verarmungspolitik der Troika aus IWF, EU-Kommission und EZB" gehen weiter, auf diesen einen Satz ließe sich das Ergebnis der Aktionskonferenz am vergangenen Wochenende in Frankfurt bringen. Besser klingt: Blockupy kommt wieder. Für das Frühjahr 2013 sind abermals zentrale Aktionstage in der Bankenmetropole geplant, Mitte Dezember will man sicher erneut in der hessischen Metropole treffen. 500 Aktive waren am Wochenende beim Bewegungsratschlag dabei. Aber wer ist das eigentlich?

Nein, es geht hier weder um die Frage, welcher linken Gruppe, welchem Sozialbündnis oder welcher Gewerkschaft man angehört. Und selbstverständlich auch nicht um Informationen, die am Ende bloß denen dienen könnten, jede Regung für Alternativen zum herrschenden Krisenkurs und jede Aktion des zivilen Ungehorsams zu kriminalisieren. Es geht um eine Form kritischen Wissens, darum, aus sozialwissenschaftlicher Perspektive etwas über diese Proteste zu erfahren. Kurzum: In Zeiten, in denen die Bewegungsforschung in der Bundesrepublik nicht gerade einen steilen Aufstieg erlebt, geht es um Fundamente für Erkenntnis, die nicht um ihrer akademischen Selbst Willen erlangt werden will, sondern weil sie Teil und Moment sozialer Praxis sind.

Über die Occupy-Bewegung in den USA gibt es bereits ein paar soziodemographische Zahlen. Nun läuft an der Universität Trier eine Studie zur Occupy-Bewegung in der Bundesrepublik. „Wer campt, wer protestiert und wer sympathisiert mit dieser neuen Bewegung?", heißt es auf der Website der Untersuchung, die über „viele (Vor-)Urteile" hinweg „ein realistisches Bild" von den Protesten, ihren Protagonisten und deren Zielen, Werten und sozialen Lagen ermöglichen will. Die Untersuchung wird unter anderem von Oliver Nachtwey geleitet, der zur Linkspartei, über die Folgen von Leiharbeit und den Kapitalismus geforscht und publiziert hat. Der Online-Fragebogen kann noch einige Tage ausgefüllt werden, Anonymität und Datensicherheit sind garantiert. Dass die Studie, die von der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung unterstützt wird, sich des Internets bedient, ist auch nicht zufällig - denn auch Occupy hat sich stark online organisiert und soziale Netzwerke zur Verständigung genutzt.

Man könnte einwenden: Über Occupy und Blockupy, über die 99 Prozent und „Echte Demokratie Jetzt" sei schon viel geschrieben und gesagt worden. David Graeber, Noam Chomsky, Toni Negri und Michael Hardt, Wolfgang Kraushaar und andere haben bereits Bücher publiziert. Aber diese eher politischen Zugänge zu Occupy können ein paar ordentliche empirische Antworten nicht ersetzen - wie man sie wissenschaftlich zum Beispiel über die Bewegung gegen das Bahnhofsporjekt Stuttgart 21 schon kennt: Wer demonstriert und zeltet da? Wen wenn überhaupt wählen diese Leute, was verdienen sie? Was sind die wichtigsten Motive der Akteure? Ist Occupy eine „ganz normale" neue soziale Bewegung oder nicht vielleicht doch etwas ganz Neues, schließlich hat sich ja auch der gesellschaftliche Kontext verändert?

Und schließlich geht es auch um eine Frage, die auch hier im Blog „In Bewegung" immer wieder eine Rolle spielen wird: Wie ist das Verhältnis von Occupy zu anderen Akteuren, etwa linken Parteien? Erste Antworten soll es Ende Januar, Anfang Februar geben. Rechtzeitig vor den nächsten Blockupy-Aktionen.
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