Schlechter Tag für Mieter

Ein schwarz-gelbes Gesetz ganz im Sinne der Vermieter passiert den Bundesrat

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bundesrat stimmte dem schwarz-gelben Mietrechtsänderungsgesetz zu. Änderungen hält es vor allem für Mieter bereit - zum schlechteren.

Das Wort Reform hat in Deutschland seit Langem keinen guten Klang mehr. Es klingt nicht nur nach Verschlechterung, es klingt vor allem nach Einseitigkeit. Und bei der Mietrechtsreform gibt es wieder nur eine Gewinnerseite, das sind die Wohnungseigentümer.

Mit dem Mietrechtsänderungsgesetz, das am Freitag die Länderkammer passierte, verlieren die Mieter gleich eine Reihe von Rechten: Beginnt der Vermieter mit energetischen Sanierungsmaßnahmen, haben die Mieter erst nach drei Monaten das Recht, die Miete zu mindern. Die volle Miete muss auch dann gezahlt werden, wenn kein Wasser oder Strom mehr fließen oder Baugerüste kein Tageslicht mehr in die Wohnung lassen.

Genommen wird den Mietern auch das Einspruchsrecht bei Modernisierungsmaßnahmen. Sie können persönliche Härtegründe vortragen, die aber erst nach Abschluss der Modernisierung überhaupt angehört werden. Die Kosten der Modernisierungsmaßnahme können wie zuvor mit jährlich elf Prozent auf die Miete umgelegt werden. Eine 20 000 Euro teure Modernisierung führt damit zu einer monatlichen Mieterhöhung von 183,33 Euro.

Hingegen wird für die Vermieterseite lediglich der Spielraum für Mieterhöhungen von 20 auf 15 Prozent innerhalb von drei Jahren gesenkt. Eine Begrenzung des Mietanstieges bei Neuvermietungen, der derzeit von Fachleuten auf 30 bis 40 Prozent geschätzt wird, findet dagegen nicht satt. Gerade in Großstädten und Ballungsräumen dürfte das Gesetz so als Einladung zur Preistreiberei verstanden werden. Mieter, die mit Kautionszahlungen in Rückstand geraten, sollen bereits nach kurzer Zeit zu »Mietnomaden« erklärt und aus ihren Wohnungen geworfen werden können.

Die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Heidrun Bluhm, wirft Schwarz-Gelb ungenierten Lobbyismus vor: Auftraggeber und Mitverfasser des Gesetzes seien die Verbände der Immobilienwirtschaft und der Haus- und Grundeigentümer, so Bluhm.

Im Bundesrat haben die von den oppositionellen Parteien geführten Bundesländer für einen Antrag der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg gestimmt, die Drei-Monats-Regelung zu streichen und die Modernisierungsumlage von elf auf neun Prozent zu senken. Außerdem sollten bei Wiedervermietung, der Mietpreisanstieg auf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt werden.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wies diese Forderungen zurück. »Damit es auch in Zukunft Anreize für private Vermieter gibt, in neue Mietwohnungen zu investieren, muss ausufernden Reglementierungen der Mietpreise ein Riegel vorgeschoben werden«, sagte die Ministerin. Dem Gesetz zur Mehrheit verholfen haben letztlich die zahlreichen großen Koalitionen, die SPD und CDU in den letzten Jahren vor allem in Ostdeutschland eingegangen sind. »In den Ländern, in denen SPD zusammen mit der CDU regiert, wurde mit Enthaltung gestimmt, so dass die erforderlichen Stimmen nicht zusammenkamen, um das unsoziale Mieterecht doch noch zu stoppen«, so Bluhm. Erst nach Bildung der neuen Landesregierung in Niedersachsen hat die Opposition eine Mehrheit im Bundesrat.

Vor dem Bundesratsgebäude demonstrierten Mitglieder der LINKEN und der SPD, von Mieterorganisationen und der Gewerkschaften. Die LINKE-Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak sprach sich auf der Demo für eine gemeinsame Normenkontrollklage der Oppositionsfraktionen aus. Die Räumung von Wohnungen »im einstweiligen Rechtsschutz bei Nichtzahlung der Sicherheitsleistung dürfte verfassungswidrig sein«, so Wawzyniak. Für Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips war der gestrige Freitag »ein schlechter Tag für Mieter«.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!