Linkspartei wird drittstärkste Kraft - FDP fliegt raus

Riexinger: »ein wirklich guter Abend« / Hochrechnungen: Union steigt auf 41,5 Prozent / SPD legt nur leicht auf 25,7 Prozent zu - AfD knapp unter fünf Prozent 


  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (AFP/nd). Jubel und Entsetzen bei Schwarz-Gelb: Während die CDU/CSU mit Kanzlerin Angela Merkel bei der Bundestagswahl am Sonntag triumphierte, verpasste die FDP erstmals den Einzug in den Bundestag. Die Union kam zwischenzeitlich sogar einer absoluten Mehrheit der Sitze nahe - und braucht nun wohl einen neuen Koalitionspartner. Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) blieb knapp unter fünf Prozent.

Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis, das der Bundeswahlleiter am frühen Montagmorgen bekannt gab, erhielten CDU und CSU zusammen 41,5 Prozent der Stimmen (plus 7,7 Prozentpunkte im Vergleich zu 2009). Ihr bisheriger Bündnispartner FDP hingegen scheiterte mit 4,8 Prozent (minus 9,8) an der Fünfprozenthürde und wird zum ersten Mal seit Bestehen des Bundestags nicht im Parlament vertreten sein.

Zweitstärkste Kraft mit deutlichem Abstand zur Union wurde die SPD mit 25,7 Prozent der Stimmen (plus 2,7). Den dritten Platz nahm die Linke ein mit 8,6 Prozent (minus 3,3), die Grünen erhielten 8,4 Prozent der Stimmen (minus 2,3). Nicht ins Parlament kommen die erstmals angetretene AfD mit 4,7 Prozent und die Piratenpartei mit 2,2 Prozent (plus 0,2).

Der neue Bundestag hat 630 Mitglieder - damit gibt es 32 Überhangmandate. Die Union verfehlte eine absolute Sitzmehrheit und schickt 311 Abgeordnete ins Parlament. SPD (192 Sitze), Linke (64) und Grüne (63) übernehmen zusammen mehr als die Hälfte der Mandate, ein solches Regierungsbündnis haben SPD und Grüne aber ausgeschlossen. Denkbar erscheinen nun eine große Koalition von Union und SPD oder Schwarz-Grün.



Merkel sprach von einem »super Ergebnis« und bedankte sich für »das überragende Vertrauen« der Wähler. Zugleich sicherte sie mit Blick auf die neue Stärke der Union zu: »Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen«. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, die Union habe »phänomenal abgeschlossen«.

Entsetzen herrschte bei der FDP. Parteichef Philipp Rösler kündigte politische Konsequenzen an. »Das ist die bitterste, die traurigste Stunde in der Geschichte dieser Freien Demokratischen Partei«, sagte er. »Es sei «eine schlimme Stunde für die FDP», ergänze Spitzenkandidat und Fraktionschef Rainer Brüderle.

Die FDP hatte bis zuletzt um Leihstimmen von Unions-Anhängern geworben, Merkel hatte dies jedoch abgelehnt. Diese Entscheidung verteidigte die Kanzlerin am Wahlabend, bedauerte aber zugleich das mutmaßliche Ausscheiden der FDP.

SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück sagte trotz eines leichten Zugewinns, seine Partei habe «nicht das Ergebnis erzielt, das wir wollten». Mit Blick auf die noch unklaren Mehrheitsverhältnisse warnte er vor verfrühten Koalitionsspekulationen: «Der Ball liegt jetzt im Spielfeld von Frau Merkel.» Sowohl Steinbrück als auch SPD-Chef Sigmar Gabriel gratulierten Merkel zu ihrem Wahlsieg.

«Wir haben verloren. Das ist bittere Realität», sagte Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin. Ko-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt kündigte eine «klare und sehr ehrliche Analyse» an. Koalitionsspekulationen lehnte auch Trittin ab, sagte aber: «Wir machen das von der Sache abhängig.»

Linksfraktionschef Gregor Gysi verwies darauf, dass seine Partei trotz Verlusten die drittstärkste Kraft im neuen Bundestag sei. Später am Abend drehten die Zahlen allerdings noch einmal, die Grünen lagen kurz nach Mitternacht wieder vor der Linkspartei. Parteichef Riexinger sagte, es sei «ein wirklich guter Abend» für die Linke.

AfD-Spitzenkandidat Bernd Lucke wertete das Ergebnis seiner Partei als Denkzettel für die etablierten Parteien. «Wir haben hier ein kräftiges Zeichen des Widerspruchs gesetzt», sagte er. Die AfD will den Austritt Deutschlands aus der europäischen Währungsunion.

Die Wahlbeteiligung lag laut ARD und ZDF bei 73 Prozent und damit etwas höher als vor vier Jahren. Insgesamt konnten sich 61,8 Millionen Wahlberechtigte zwischen 34 Parteien entscheiden.

Bei der Bundestagswahl 2009 hatte die Union 33,8 Prozent erreicht, die SPD 23,0 Prozent. Die FDP kam damals auf 14,6 Prozent, die Linke auf 11,9 Prozent und die Grünen auf 10,7 Prozent.

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