Potsdamer Mieten explodierten

Infrastrukturminister Vogelsänger sieht Handlungsbedarf

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Als Folge der Wohnungsnot steigen im Berliner Umland die Mieten. Eine kräftige Preisbremse wäre angebracht.

Im Berliner Umland, besonders in der Stadt Potsdam, sind freie Wohnungen inzwischen knapp. Infolge dessen steigen die Mieten. Die rot-rote Koalition sieht »Handlungsbedarf«. Das sei - bezogen auf Potsdam - »völlig unbestritten«, sagte Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD). Er habe ein Gutachten in Auftrag gegeben. Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen.

Der Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg (LINKE) hatte in einer parlamentarischen Anfrage auf die vom Bund beschlossene »bescheidene Mietenbremse« verwiesen und ferner auf die Initiative Brandenburgs im Bundesrat, hier »schärfer anzuziehen«. Ziel sei es, Mieterhöhungen auf 15 Prozent in drei Jahren zu begrenzen. Scharfenberg fragte, in welchem Maße diese Bremse auf »Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf« angewendet werden könne.

Der Minister erinnerte an die einige Monate zurückliegende Initiative der Potsdamer Stadtregierung, eine Belegungs- und Mietpreisbindung für 3000 Wohnungen zu beschließen. Des weiteren könne das Land die bis 2019 zur Verfügung stehenden sogenannten Entflechtungsgesetzmittel in Höhe von 200 Millionen Euro so einsetzen, dass »bezahlbarer Wohnraum erhalten bleibt«.

Auf die von Scharfenberg geforderte Ausweisung von »Vorranggebieten« in Brandenburg ging der Minister nicht ein. »Ich mache das ungern.« Die auszuweisenden Gebiete sollten dem Gutachten überlassen bleiben, meinte Vogelsänger.

Dass die Mieten steigen, beweisen nicht zuletzt die Wohngeldausgaben. Zwischen 2008 und 2010 ist die Zahl der bewilligten Wohngeldanträge in Brandenburg von 44 300 auf 71 200 gestiegen. Gleichzeitig wuchs der durchschnittlich gezahlte Wohngeldbetrag von 70 Euro auf 108 Euro monatlich. Die Gesamtausgaben des Landes für Wohngeld kletterten innerhalb dieser Frist von 28 Millionen Euro auf 58,7 Millionen.

Noch Mitte des vergangenen Jahrzehnts warb Brandenburg mit günstigen Mieten. 2008 lagen alle größeren Städte des Bundeslandes unter dem deutschen Durchschnitt. Unschlagbar niedrig waren die Mieten demnach in Eberswalde und Brandenburg/Havel, wo nur 59 Prozent beziehungsweise 63 Prozent dessen als Miete verlangt wurde, was im Schnitt aller deutschen Städte üblich war. Cottbus lag bei 78 Prozent, Frankfurt (Oder) bei 88 Prozent und Potsdam zu diesem Zeitpunkt mit 98 Prozent auch noch leicht unterhalb des Durchschnitts.

Obwohl seit der Wende in Brandenburg 50 000 Quartiere abgerissen wurden, könne von Wohnungsnot keine Rede sein, hieß es in jenem Jahr. Der Regierung war damals keine Gegend bekannt, wo einkommensschwache Haushalte Schwierigkeiten hätten, eine angemessene Wohnung zu finden. Die damals noch oppositionellen LINKE glaubte solchen Beteuerungen jedoch nicht. Sie hatte verstärkt Klagen gehört.

In weiten Teilen Brandenburgs, die mit Einwohnerschwund zu kämpfen haben, sind die Mieten bis heute nicht exorbitant gestiegen. Das sieht in Potsdam und in weiteren Städten im Berliner Umland aber anders aus. Laut Grundstückmarktbericht sind in der Landeshauptstadt die Immobilienpreise explodiert und die Mieten sind deutlich gestiegen. Es vollzieht sich dort besonders schnell eine soziale Spaltung in Wohngebiete mit vorwiegend armer und solche mit wohlhabender Bevölkerung.

Aber auch in anderen Landesteilen kann bei den gefragten Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen der Bedarf oft nicht befriedigt werden. Selbst wer einen Wohnberechtigungsschein mit Dringlichkeit vorweisen kann, wird auf lange Wartelisten gesetzt.

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