Krimverträge sind »gegenstandslos«

Russland erhöhte Gaspreis für die Ukraine um 30 Prozent / Ein Ministerium und Wehrpflicht für die Halbinsel

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Krim wird von Moskau recht schnell in den russischen Staatsverband eingefügt. Verträge mit der Ukraine über Marinebasen wurden gekündigt.

Mit einer Erhöhung des Gaspreises für die Ukraine um 30 Prozent verbesserte Russland zu Monatsbeginn nicht gerade die schwierigen Beziehungen zum Nachbarn. Angesichts der aufgelaufenen Schulden von 1,7 Milliarden US-Dollar gelte ab sofort der alte Tarif von 385,5 US-Dollar (280 Euro) je 1000 Kubikmeter Gas, sagte der Chef des russischen Energieriesen Gazprom, Alexej Miller, am Dienstag.

Am Montag hatte die Duma einstimmig die Verträge gekündigt, die Russland 1997 mit der Ukraine über die Stationierung seiner Schwarzmeerflotte auf der Krim geschlossen hatte. Die Abkommen, so Vizeaußenminister Grigori Karassin, seien mit dem Beitritt der Halbinsel zu Russland, der »unumkehrbar« sei, gegenstandslos geworden. Russland werde dennoch alle finanziellen Verpflichtungen bedienen, die sich aus der einseitigen Kündigung der Abkommen ergeben. Über Details werde mit der neuen ukrainischen Regierung gesprochen.

Zeitgleich verhandelte Regierungschef Dmitri Medwedjew, der in Begleitung mehrerer Vizepremiers und Fachminister zu seinem ersten Besuch nach dem Anschluss in Simferopol einschwebte, mit den Behörden der nunmehr russischen Republik Krim über deren zügige Integration. Dazu wird in Moskau - so wie kürzlich für den Fernen Osten, eine Region mit ähnlichem Entwicklungs- und Problempotenzial - ein eigenes Ministerium geschaffen. Es soll vor allem die Zuschüsse für den chronisch defizitären Haushalt der Krim und die milliardenschweren Investitionen koordinieren, mit denen Staat und Privatwirtschaft den Neuzugang für das 21. Jahrhundert fit machen wollen.

Geplant ist unter anderem der Bau einer Meerwasser-Entsalzungsanlage, um die permanente Süßwasserknappheit zu beseitigen. Der neu gegründete Staatskonzern Eisenbahnen der Krim, der 2015 von den Russischen Staatsbahnen RZD übernommen wird, soll die Beförderung von Personen und Gütern für die Versorgung der nahezu komplett von der Ukraine umschlossenen Region übernehmen und Milliarden in die Modernisierung des Nahverkehrs stecken. RZD wird auch den Hut aufhaben beim Bau der Brücke über die Meerenge von Kertsch, die die Krim dauerhaft mit der südrussischen Region Krasnodar verbinden soll.

Bereits am Sonntag waren die Uhren auf der Krim von der bisher geltenden Osteuropäischen Zeit auf die Moskauer umgestellt worden. Zügig soll sich auch der Beitritt zur Rubelzone vollziehen. Russische Banken haben ihre Präsenz auf der Krim bereits deutlich verstärkt und halten nach eigenen Angaben genügend Münzen und Scheine für den reibungslosen Bargeldverkehr vor. Die ukrainische Griwna bleibt jedoch für sechs Monate eine Parallelwährung,

Mit ähnlich rasantem Tempo werden die Renten und Gehälter im öffentlichen Dienst - vor allem für Lehrer und Ärzte - auf die in Russland üblichen angehoben. Was indes viele, die beim Beitrittsreferendum mit Ja gestimmt hatten, offenbar übersahen: Ab 2015 gilt auch auf der Krim die allgemeine Wehrpflicht. Die Ukraine hatte sie beim Übergang zu ausschließlich aus Berufssoldaten bestehenden Streitkräften abgeschafft. Ab 2016 müssen Schüler auf der Krim auch das russische Abitur ablegen und bekommen keine Rabatte mehr bei Aufnahmeprüfungen an russischen Universitäten.

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