Athen: Erneut Gläubiger-Auflagen im Parlament

Eurokrise ist auch Faktenkrise: Grünen-Politiker Giegold beklagt Desinformationen / SYRIZA fürchtet noch mehr Nein-Voten / Fraktionssprecher Filis: Unter 120 Stimmen können wir nicht weiter regieren

  • Lesedauer: 15 Min.

Update 21.20 Uhr: Abstimmung in Athen wohl erst gegen 2 Uhr
Im griechischen Parlament hat am Mittwochabend die Debatte über ein weiteres Gesetzespaket der Regierung begonnen, deren Inhalte von den Gläubigern zur Bedingung für Gespräche über ein drittes Kreditprogramm gemacht wurden. Vor dem Votum, das erst am frühen Donnerstagmorgen erwartet wurde, hatte die Opposition bereits ihre Zustimmung angekündigt. Damit gilt als sicher, dass die geforderten Maßnahmen angenommen werden. Mit der namentlichen Abstimmung und dem Ergebnis wird zwischen 01.00 und 02.00 Uhr (MESZ) am Donnerstagmorgen gerechnet, berichtete das griechische Staatsfernsehen unter Berufung auf das Parlamentspräsidium.

Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte bei der ersten Abstimmung vor einer Woche auch schon keine eigene Regierungsmehrheit erhalten. 39 der 149 Abgeordneten der SYRIZA hatten nicht für die Pläne gestimmt - nun wird mit Spannung erwartet, wie viele Nein-Stimmen es diesmal aus den eigenen Reihen gibt. Der Sprecher der SYRIZA-Fraktion, Nikos Filis, sagte am Dienstag: »Wenn wir am Mittwoch nicht mindestens 120 Stimmen bekommen, werden wir so nicht weiter regieren können.« Premier Tsipras rief den linken SYRIZA-Flügel auf, »die Wünsche und Hoffnungen« der Gesellschaft zu akzeptieren. Erst wenn das Kreditprogramm unter Dach und Fach ist, könnte die Linke ihre Meinungsverschiedenheiten in den Parteigremien klären.

Die beiden zentralen Punkte des zweiten Auflagenpaketes der Gläubiger, die am Mittwoch im griechischen Parlament zur Abstimmung gestellt werden sollen, betreffen die Justiz und das Bankenwesen. Unter anderem sollen Gerichtsverfahren beschleunigt werden – dies werde nach Angaben von Rechtsanwälten hauptsächlich Eigentümer von Immobilien treffen, die ihren Zahlungsverpflichtungen an Banken nicht nachkommen. Künftig sollen Kreditnehmer ihre Wohnungen verlieren können, wenn sie mit Zins- und Tilgungsraten an die Banken in Verzug geraten. Der zweite Teil des Maßnahmenpakets beinhaltet Änderungen, die die Banken betreffen. Mit dem neuen Bankengesetz sollen Spareinlagen bis 100.000 Euro gesichert werden. Bei höheren Geldeinlagen sollen die Kontoinhaber allerdings wie die Aktionäre einen Teil der Lasten der Sanierung maroder Banken mittragen.

Update 20.15 Uhr: Tausende demonstrieren in Athen
Tausende Demonstranten haben am Mittwochabend im Zentrum Athens gegen die neuen Auflagen der Gläubiger und gegen die Politik von Premier Alexis Tsipras protestiert. Zu den Aktionen aufgerufen hatten die kommunistische Gewerkschaft PAME und die Gewerkschaft der Staatsbediensteten (ADEDY). Die Demonstrationen fanden unter dem Motto »Gegen die barbarischen Sparmaßnahmen« statt. »Nein zum alten und zum neuen Memorandum«, hieß es auf einem Spruchband. Mit Memorandum wird in Griechenland ein Kürzungsdiktat bezeichnet, der aufgrund internationaler Auflagen beschlossen wird. Derartige Sparpläne waren bereits in den Jahren 2010 und 2012 beschlossen worden. Auch Mitglieder des linken Flügels von SYRIZA nahmen an der Demonstration teil. »Die Regierung hört nicht mehr auf das Volk«, klagten sie. Das Parlament beschließe »das schlimmste Memorandum, das es je gegeben hat«. Das griechische Parlament sollte am Abend über weitere Gesetze abstimmen, die von den Gläubigern zur Bedingung für Verhandlungen über Kredite aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus gemacht wurden.

Update 17.05 Uhr: EZB erhöht erneut Rahmen für Ela-Notkredite
Die Europäische Zentralbank (EZB) greift den angeschlagenen Banken in Griechenland nach Medieninformationen weiter unter die Arme. Noch vor einer mit Spannung erwarteten Parlamentsabstimmung am späten Mittwochabend in Athen über weitere Reformen habe die Notenbank die sogenannten Ela-Hilfen um weitere 900 Millionen Euro aufgestockt, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg und berief sich dabei auf namentlich nicht genannte Personen, die mit der Sache vertraut seien. Ein Sprecher der EZB wollte die Meldung nicht kommentieren. Die Entscheidung für eine weitere Anhebung der Ela-Hilfen (»Emergency Liquidity Assistance«) soll während einer Telefonkonferenz der EZB-Ratsmitglieder getroffen worden sein, hieß es weiter. Insgesamt haben die Notkredite für Griechenlands Banken nach der Aufstockung ein Volumen von etwa 90 Milliarden Euro.

Update 17 Uhr: Proteste von Adedy und Pame gegen SYRIZA-Regierung
Die griechische Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras stellt sich am Mittwoch einer weiteren wichtigen Abstimmung im Parlament. Die Maßnahmen im Justiz- und Bankenwesen, die vermutlich in der Nacht verabschiedet werden sollten, gehören zu den Auflagen für das dritte Kreditprogramm der internationalen Gläubiger, die Griechenland bis zum 20. August erbringen muss. Die Gewerkschaft der Staatsbediensteten, Adedy, und die Gewerkschaftsfront der Kommunistischen Partei, Pame, kündigten Proteste an. Justizminister Nikos Paraskevopoulos äußerte Vorbehalte zu einigen Bestimmungen des Gesetzentwurfs zur Zivilprozessordnung. Dessen ungeachtet werde er wegen der besonderen Krisensituation, in der sich Griechenland befinde, dafür stimmen. Ministerpräsident Alexis Tsipras traf am Vormittag mit Bankern zusammen. Dabei versicherte er laut der halbamtlichen Nachrichtenagentur Ana, »Vorrang« habe jetzt, »das Finanzsystem zu normalisieren, zugleich aber die Bürger mit geringem Einkommen zu schützen«.

Update 16.35 Uhr: Weiter Debatte um den Kurs von SYIRZA
Der griechische Premier Alexis Tsipras hat Kritik an seiner Politik aus den eigenen Reihen zurückgewiesen. »Bis heute habe ich Reaktionen gesehen, ich habe heroische Äußerungen wahrgenommen. Aber ich habe nicht einen alternativen Vorschlag gehört«, sagte Tsipras am Dienstagabend gegenüber Offiziellen der griechischen Linkspartei, heiß es in Berichten. Seine Warnung lautete abermals: Man dürfe den Wunsch der meisten Griechen nicht übergehen, im Euro zu bleiben.

Dagegen hat sich Stathis Kouvelakis, Vorstandsmitglied von Syriza und Exponent der Linken Plattform, sehr grundsätzlich mit Kritik am Kurs der Regierung zu Wort gemeldet: »Das Abkommen ist auf allen Ebenen eine vollständige Fortsetzung der Schocktherapie, der Griechenland die letzten fünf Jahre kontinuierlich unterzogen worden ist«, sagte er dem linken US-Magazin »Jacobin« mit Blick auf die Vereinbarung vom Brüsseler Euro-Gipfel vor gut einer Woche. SYRIZA habe »fast nichts aus ihrem Wahlprogramm umgesetzt«. Kouvelakis kritisiert zudem, »dass die Regierung, die Führung sich völlig von der Partei abgesondert hat«.

In dem sehr ausführlichen Gespräch, von dem auf marx21.de eine deutsche Übersetzung vorliegt, sagte SYRIZA-Politiker, der als Professor am King’s College in London lehrt, die Regierung Tsipras habe »im Laufe der Abwärtsspirale immer weiterer Zugeständnisse erkannt«, dass »kein Vorschlag die Troika jemals zufriedengestellt hätte«. Daraus sei dann die Entscheidung zum Referendum getroffen worden. Es habe zudem einen »deutlichen Umschwung in der öffentlichen Meinung« gegeben. »Die Leute hatten den Prozess endloser Verhandlungen schlichtweg satt. Es herrschte die Auffassung, dass die Troika ausschließlich darauf aus war, die griechische Regierung zu demütigen.«

Kouvelakis äußerte die Auffassung, die Linke sei »voll von Menschen, die es gut meinen, aber im Bereich der Realpolitik völlig überfordert sind«. Dies habe auch das Agieren der SYRIZA-geführten Regierung gegenüber den Gläubigern bewiesen. »Aber es zeigt ebenso die geistige Verwüstung auf, die der fast schon religiöse Glaube an den europäischen Geist verursacht hat. Diese Leute haben also tatsächlich bis zum bitteren Ende daran geglaubt, dass sie etwas aus der Troika herausholen könnten.« Tatsächlich aber habe eine Auseinandersetzung stattgefunden, die einem Kampf zwischen zwei Menschen glich, »bei dem die eine Person Gefahr läuft, einen Zeh zu verlieren, und die andere Person Gefahr läuft, eines oder beide Beine zu verlieren. Es stimmt also, dass es an grundlegendem Realitätssinn fehlte, was wiederum direkt mit dem zentralen Problem zusammenhängt, dem sich die heutige Linke stellen muss – unserer eigenen Ohnmacht.«

Update 15.25 Uhr: Minister werben für Ja bei der Abstimmung
Vor der Abstimmung über den zweiten Teil der von den Gläubigern verlangten Bedingungen zur Aufnahme von Gesprächen über ein neues Kreditpaket hat Gesundheitsminister Panagiotis Kouroumplis im griechischen Fernsehen bestätigt, dass die SYRIZA-geführte Regierung mit der Verschiebung einiger Gesetzesvorhaben der Zahl der Nein-Stimmen begegnen will. Es gebe innerhalb von SYRIZA Zweifel, ob mit den Maßnahmen die von der Rezession geplagte griechische Wirtschaft aus der Sackgasse kommen könne. Kouroumplis sagte aber auch, man habe sich in Brüssel nun einmal darauf mit den Gläubigern geeinigt, »also müssen wir die Maßnahmen umsetzen«.

Finanzminister Efklidis Tsakalotos sagte gegenüber den Abgeordneten zum Start der Debatte über Änderungen bei der Justiz und im Bankenwesen, es sei »sehr wichtig, die unmittelbaren Maßnahmen unter Dach und Fach zu bringen«, damit mit den Verhandlungen über das Kreditprogramm aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus am Freitag begonnen werden könne. In Brüssel hatte Premier Alexis Tsipras nach stundenlangen Verhandlungen unter anderem akzeptiert, dass bis zum 22. Juli sechs gesetzgeberische Schritte unternommen werden müssten. Dies will der SYRIZA-Chef mit dem zweiten Gesetzespaket am Mittwoch erfüllen.

Update 13.20 Uhr: Grünenpolitiker beklagt Falschinformationen
Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold hat Medienberichte kritisiert, in denen der Eindruck erweckt wird, die griechische Regierung würde von den Gläubigern verlangte und in der Brüsseler Vereinbarung zugesagte Gesetze nicht fristgerecht beschließen. Giegold nennt unter anderem Schlagzeilen der Illustrierten »Focus« (»Versprochen ist gebrochen: Tsipras verschiebt wichtige Reformen klammheimlich«) und des öffentlich-rechtlichen Senders ARD (»Tsipras schürt Zweifel am Reformwillen«). EU-Kommission und EZB hätten dagegen bestätigt, dass sich die griechische Regierung an den vereinbarten Zeitplan halte, wie er beim Eurogipfel beschlossen wurde. »Schon wieder werden in der Euro-Krise durch Fehlinformationen Feindseligkeiten geschürt. Wie ein Schnellball verbreitet sich die Ente, dass Tsipras sich nicht an die Abmachungen halte. Es zeigt sich, dass diese Euro-Krise auch eine Faktenkrise ist«, kritisierte Giegold. Fakt sei, »dass Griechenland sich bisher an seinen Teil der Abmachungen hält, um Verhandlungen über ein ESM-Programm zu beginnen.« Die nun wieder gestreuten »Fehlinformationen sind Wasser auf die Mühlen der Grexit-Befeurer, die ein Scheitern der neuen Vereinbarungen mit Griechenland herbeisehnen«.

Update 13.15 Uhr: Wollte Schäuble Athen aus dem Euro herauskaufen?
Laut Berichten europäischer Onlinemedien soll Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble versucht haben, Griechenland mit dem Angebot einer Zahlung von 50 Milliarden Euro zum Austritt aus der Eurozone zu bewegen. Dies berichtet unter anderem »Euractiv« unter Berufung auf eine ungenannte Quelle. Der CDU-Politiker habe demnach sogar darauf gesetzt, dass die griechische Regierung einen solchen Schritt vorziehen würde. Er sei bereit gewesen, Geld auf den Tisch zu legen, um zu einem solchen Schritt zu ermuntern. Schäuble sei von der Quelle als engagierter Europäer bezeichnet worden, der nichts gegen die Griechen habe, aber eine harte Lösung für einen guten Zweck bevorzugt hätte.

Update 13 Uhr: Athens Schuldenlast immer noch bei 168,8 Prozent des BIP
Wie das Statistikamt Eurostat am Mittwoch in Luxemburg mitteilte, lag die Gesamtverschuldung des griechischen Staates im ersten Quartal noch bei 168,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dies waren 8,3 Prozentpunkte weniger als im Schlussquartal 2014. Hauptgrund für den Rückgang ist die Rücküberweisung ungenutzter Mittel für die Stützung griechischer Banken an den Euro-Rettungsfonds EFSF. Diese war im Februar Teil der Vereinbarung zur Verlängerung des zweiten Kreditprogramms bis Ende Juni. Athen musste damals 10,9 Milliarden Euro, die noch im griechischen Bankenhilfsfonds HFSF lagen, an den europäischen Rettungsfonds EFSF rückübertragen. Unter anderem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte damals gefordert, die Gelder dem Zugriff der Ende Januar ins Amt gekommenen SYRIZA-geführten Regierung unter Alexis Tsipras zu entziehen. Die griechischen Schulden seien im ersten Quartal vor allem durch die Tilgung von Krediten gefallen, erklärte eine Eurostat-Sprecherin auf Anfrage. »Der größte Teil waren Darlehen des EFSF an den HFSF zur Rekapitalisierung von Banken und zur Bankenabwicklung.« Abgesehen von diesen 10,9 Milliarden Euro sei der Rest der Schuldenverringerung »fast ausschließlich« durch Rückzahlungen von Krediten an den Internationalen Währungsfonds zustandegekommen. In absoluten Zahlen verringerten sich Griechenlands Schulden Eurostat zufolge von Quartal zu Quartal um 15,5 Milliarden Euro auf 301,5 Milliarden Euro. Auch wenn die Schuldenlast Griechenlands im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung noch immer die höchste in der EU ist, entwickelte sich Athens Bilanz damit gegen den allgemeinen Trend positiv. Denn im Schnitt stieg sowohl in der Eurozone als auch in der EU die Gesamtverschuldung: Für die 19 Länder der Währungsunion erhöhte sie sich um 0,9 Punkte auf 92,9 Prozent des BIP, in den 28 EU-Staaten um 1,3 Punkte auf 88,2 Prozent.

Update 10.20 Uhr: Worum geht es heute im Parlament in Athen?
Die beiden zentralen Punkte des zweiten Auflagenpaketes der Gläubiger, die am Mittwoch im griechischen Parlament zur Abstimmung gestellt werden sollen, betreffen die Justiz und das Bankenwesen. Unter anderem sollen Gerichtsverfahren beschleunigt werden – dies werde nach Angaben von Rechtsanwälten hauptsächlich Eigentümer von Immobilien treffen, die ihren Zahlungsverpflichtungen an Banken nicht nachkommen. Künftig sollen Kreditnehmer ihre Wohnungen verlieren können, wenn sie mit Zins- und Tilgungsraten an die Banken in Verzug geraten. Der zweite Teil des Maßnahmenpakets beinhaltet Änderungen, die die Banken betreffen. Mit dem neuen Bankengesetz sollen Spareinlagen bis 100 000 Euro gesichert werden. Bei höheren Geldeinlagen sollen die Kontoinhaber allerdings wie die Aktionäre einen Teil der Lasten der Sanierung maroder Banken mittragen.

Update 10.15 Uhr: SYRIZA-Parteijugend fordert Sonderparteitag
Der linke Flügel von SYRIZA kritisiert weiter vehement die Auflagen der Gläubiger und den Kurs der Regierung von Premier Alexis Tsipras, diese durch das Parlament zu bringen. Die Parteijugend von SYRIZA forderte am Mittwoch abermals einen Sonderparteitag. In der vergangenen Woche hatten bereits 109 von 201 Mitgliedern der SYRIZA-Führung eine Dringlichkeitssitzung des Gremiums verlangt. Berichten zufolge könnte diese Ende der Woche stattfinden. Die Präsidentin des Parlamentes, Zoi Konstantopoulou, die ebenfalls dem linken Flügel der Partei zugerechnet wird, bezeichnete die Einigung mit den Gläubigern als »Putsch«, der gestoppt werden müsse.

Update 9.50 Uhr: Forsa: Merkel ist für Deutsche »lebender Rettungsschirm«
Nach Ansicht des Chefs des Umfrageinstituts Forsa, Manfred Güllner, zeugen die demoskopischen Werte für die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel von ungebrochener Popularität. »Das Engagement der Kanzlerin für Europa und die Währungsunion wird honoriert«, so Güllner – über einen krisenpolitischen Kurs, der weithin auch auf Kritik nicht nur im linken Lager, sondern auch im Ausland stößt. Von Merkels Zustimmungswerten »profitiert auch die Union, deren Werte relativ stabil bleiben, die nicht Sympathie einbüßt wie frühere Regierungsparteien in der Mitte einer Legislaturperiode«, so der Forsachef mit Blick auf neue Zahlen des stern-RTL-Wahltrends. Merkel festige »immer mehr ihr Image als Landesmutter, die sich kümmert«, heißt es in einer Vorabmeldung des Magazins. »Sie gibt den Menschen das Gefühl, dafür zu sorgen, dass die vielen Krisen in deren Alltag kein Unheil anrichten - und wird somit von ihnen als lebender Rettungsschirm empfunden«, so Güllner.

Die Union kommt in der Sonntagsfrage auf 41 Prozent. Die SPD steht bei 24 Prozent, die Linkspartei und die Grünen bei jeweils 10 Prozent. Die Freidemokraten erreichen 5 Prozent, die Rechtspartei AfD auf 4 Prozent. Hoch ist die Zahl der Nichtwähler und Unentschlossenen: 28 Prozent würden derzeit gar keine Partei wählen oder wissen nicht, für welche sie sich entscheiden sollten. Forsa hat in der Woche nach dem Brüsseler Gipfel 2501 Bundesbürger befragt, die Fehlertoleranz liegt bei plus/minus 2,5 Prozentpunkten.

SYRIZA fürchtet noch mehr Nein-Stimmen

Berlin. Noch vor deren Beginn haben Politiker aus CDU und FDP mit dem Abbruch der Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Kreditprogramm gedroht. Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum, wird in der »Bild« mit den Worten zitiert, man werde haargenau beobachten, ob die SYRIZA-geführte Regierung die umstrittenen Auflagen der Gläubiger nicht nur beschließt, sondern auch umsetzt. Ähnlich äußerte sich der Freidemokrat Alexander Lambsdorff. Kredite aus dem Europäischen Stabilitätsprogramm ESM dürften nicht gezahlt werden, wenn die griechische Regierung von der Vereinbarung von Brüssel abrücke, in der Premier Alexis Tsipras unter großem politischen Druck harte Auflagen akzeptiert hatte, um einen Grexit zu vermeiden.

Hintergrund der Äußerungen ist unter anderem die Absetzung von Gesetzen, die Teil der Brüsseler Gespräche waren, aber nicht zu den Auflagen gehörten, die das griechische Parlament bis zum 22. Juli beschlossen haben soll. Dabei geht es unter anderem um die Neuregelung der Besteuerung der Landwirte. Auch weitere Teile der Rentenreform, die mit schwerwiegenden Kürzungen einhergeht, wurden von Mittwoch auf Anfang August verschoben. Diese waren von der Tagesordnung genommen worden, weil es bereits bei Abstimmungen in der vergangenen Woche viele Nein-Stimmen im Lager der SYRIZA-geführten Koalition gab.

Der Sprecher der SYRIZA-Fraktion, Nikos Filis, sagte am Dienstag: »Wenn wir am Mittwoch nicht mindestens 120 Stimmen bekommen, werden wir so nicht weiter regieren können.« Premier Tsipras rief den linken SYRIZA-Flügel auf, »die Wünsche und Hoffnungen« der Gesellschaft zu akzeptieren. Erst wenn das Kreditprogramm unter Dach und Fach ist, könnte die Linke ihre Meinungsverschiedenheiten in den Parteigremien klären. Kritiker des Regierungskurses in SYRIZA sollen persönlich angesprochen worden sein, um sie zu einer Zustimmung zu dem zweiten Auflagenpaket zu bewegen.

Nach Parlamentarierangaben geht es dabei um eine Zwangsabgabe für alle Bankguthaben über 100.000 Euro sowie um eine Justizreform. Beim ersten Paket, das unter anderem eine Mehrwertsteuererhöhung beinhaltete, hatten 39 der 149 SYRIZA-Abgeordneten nicht für die Pläne gestimmt. Damit war die eigene Mehrheit der Regierung im 300 Sitze umfassenden Parlament von 162 auf 123 Abgeordnete geschrumpft. Die Reformen kamen nur mit Stimmen der Opposition durch.

Vor dem Votum am Mittwochabend, zu dem Proteste von Staatsbediensteten angekündigt sind (ab 18.30 Uhr), sollen bereits ab dem Morgen (08.00 Uhr) Ausschüsse im Parlament beraten.

Varoufakis nennt Treuhandfonds »Perversion«
Österreich will Kredite für Athen an Asylfrage knüpfen / Berichte: Doch keine Abstimmung über Frühverrentung und Landwirte-Steuern / Ermittlungen gegen frühere Privatisierer / Regierung: Neuwahlen »im Moment« nicht nützlich - der Newsblog vom Dienstag zum Nachlesen

Derweil hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seinen Leiter bei den Verhandlungen mit Griechenland über neue Gelder ausgetauscht. Der Finanzökonom Rishi Goyal werde noch »in dieser Woche« andere Aufgaben übernehmen, teilte der Fonds mit. Seinen Posten in der Verhandlungsleitung übernimmt demnach die Wirtschaftswissenschaftlerin Delia Velculescu. Velculescu arbeitete bereits in den vergangenen Jahren mit der griechischen Seite zusammen und verhandelte für den IWF zuletzt in Slowenien und Zypern.

Unterdessen hat die US-Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Griechenlands am Dienstag um zwei Stufen auf CCC+ erhöht. Die weitere Entwicklung des Landes wurde mit »stabil« eingestuft. Laut der Agentur nimmt damit die Gefahr eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone ab, auch wenn das Risiko eines Grexit weiter als »hoch« eingestuft wird.

Griechenland hatte am Montag 7,16 Milliarden Euro Brückenfinanzierung von der EU erhalten - das Geld floss aber praktisch vollständig an die Gläubiger weiter. Athen zahlte zwei seit dem 30. Juni und dem 13. Juli fällige Kredite von insgesamt zwei Milliarden Euro an den IWF sowie 4,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank. Agenturen/nd

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