Wo Neonazis akzeptiert werden

»Uniter« steht laut Medienrecherchen mit rechtsextremen Gruppen in Verbindung

Der Fall des sachsen-anhaltinischen Kommunalpolitikers Robert Möritz brachte den Verein »Uniter« zuletzt in die Schlagzeilen. Möritz hatte das Logo des Vereins in seinen Social-Media-Profilen. Später kam heraus, dass der CDU-Politiker Ordner bei einer neonazistischen Demonstration war, eine »Schwarze Sonne« tätowiert hat und gerne Rechtsrock hört. Die Union machte eine schlechte Figur in der Frage, wie mit Möritz umzugehen ist. Sie gefährdete die Koalition in Sachsen-Anhalt und erst, als Möritz selbst aus der Partei austrat, löste sich die Frage, wie mit ihm umzugehen sei.

Interessant in dem Kontext: Annegret Kramp-Karrenbauer grenzte sich deutlich von Möritz ab und bezog sich dabei auf dessen Mitgliedschaft bei »Uniter«. »Jeder sollte sich bewusst sein, dass man sich mit einer Mitgliedschaft in ›Uniter‹ und mit dem Tragen von ›Uniter‹-Symbolik selbst dem Verdacht aussetzt, in der Nähe rechtsextremer Netzwerke und Chats zu stehen«, hieß es in einem Statement der CDU-Vorsitzenden. Doch was für ein Verein ist »Uniter«? Die »taz« recherchiert seit mehr als einem Jahr zum sogenannten »Hannbibal-Netzwerk«, mehreren Chatgruppen von zumeist rechten Preppern, die von André S., der sich »Hannibal «nennt, administriert werden.

S. war Soldat der Bundeswehr-Eliteeinheit KSK und von 2012 bis zum Frühjahr 2019 stellvertretender Vorsitzender von »Uniter«. Ernsthafte Konsequenzen hatte bisher die Vorbereitung auf einen Bürgerkrieg, für die in den Chatgruppen geworben wurde, für André S. nicht. Er wurde aus dem KSK versetzt und darf keine Uniform mehr tragen.

Eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Tobias Pflüger (LINKE) ergab, dass bei Durchsuchungen an seinem Dienstort und bei ihm zu Hause Hinweise auf »Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz« gefunden wurden. Vor den Hausdurchsuchungen soll André S. von einem Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes gewarnt worden sein.

Andere Personen, die im Umfeld von »Uniter« und dem »Hannibal-Netzwerk« aktiv waren, sind Mitglieder der Chatgruppe »Nordkreuz«, mit Schwerpunkt in Mecklenburg-Vorpommern. Im Dezember wurde ein Mitglied dieser Gruppe zu einer vierjährigen Bewährungsstrafe, wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt. Der Angeklagte war Mitglied eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei. Gegen weitere Mitglieder der »Nordkreuz«-Gruppe ermittelt der Generalbundesanwalt wegen »Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat«.

Eine Person, gegen die ein ebensolcher Prozess ansteht, ist Franco A.. Auch er ist ein ehemaliger Bundeswehrsoldat und war in der »Hannibal«-Chatgruppe für Süddeutschland. Bei einer Hausdurchsuchung wurde bei ihm ein Abzeichen von »Uniter« gefunden. Franco A. hatte ein bizarres Doppelleben geführt: Er wollte laut Ermittlungen als Asylsuchender Anschläge verüben und damit gesellschaftliche Konflikte erzeugen. Für dieses Ziel hatte er auch schon Ziele ausgekundschaftet.

»Uniter« selbst distanzierte sich immer wieder von rechtem Gedankengut, auf eine Anfrage des »nd« heißt es, »dass nachgewiesene extremistische Bestrebungen einen Ausschluss zur Folge habe würden«. Das »Hannibal-Netzwerk« sei eine »Konstruktion der Autoren der taz«, zu »Nordkreuz« gäbe es auch keine Verbindungen. Insgesamt stellt sich der Verein als Opfer von schlechtem Journalismus dar und betont, dass der Generalbundesanwalt nicht gegen ihn ermittelt und der Verfassungsschutz ihn nicht beobachtet. Beides stimmt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilte dem »nd« mit, dass »Uniter« kein Beobachtungsobjekt sei. Eine ähnliche Stellungnahme kommt aus Baden-Württemberg, wo »Uniter« seinen Vereinssitz hat.

Die zivilgesellschaftliche »Informationsstelle Militarisierung« kommt in einer Studie zu einem anderen Schluss. Rechte und Neonazis würden in dem Verein »zumindest akzeptiert«. Wie gefährlich das ist, wird an dem Vereinszweck von »Uniter« klar. Bei den Mitgliedern handelt es sich größtenteils um ehemalige oder noch aktive Angehörige von Eliteeinheiten von Polizei und Bundeswehr. Im Rahmen des Vereins werden unter anderem Fortbildungen organisiert, auch ein illegales Schießtraining soll darunter gewesen sein. Zudem vermittelt man sich gegenseitig Aufträge in der Sicherheitsbranche.

Martina Renner, Bundestagsabgeordnete der LINKEN, forderte jüngst eine genaue Überprüfung, welche Rolle »Uniter« in den Komplexen um Franco A. und André S. spielt. Dass ein »fragwürdiger Verein wie Uniter« das Privileg der Gemeinnützigkeit genießt, sieht sie als »Wiederspiegelung des gesellschaftlichen Rechtsrucks«.

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