nd-aktuell.de / 13.02.2016 / Politik

Türkei bombardiert Kurden in Syrien

Offenbar Angriffe auf YPG-Stellungen / Ankaras Regierungschef Davutoglu hatte damit zuvor schon gedroht / Russland wegen Luftschlägen in der Kritik

Berlin. Die türkische Luftwaffe hat am Samstag offenbar in der nordsyrischen Provinz Aleppo von kurdischen Einheiten kontrollierte Regionen bombardiert. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien mitteilte, richteten sich die Angriffe unter anderem gegen den Luftwaffenstützpunkt Minnigh, der erst vor wenigen Tagen von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) eingenommen worden war. Die Angaben sind nur schwer zu überprüfen. Die YPG kontrollieren große Teile der kurdischen Siedlungsgebiete im Norden Syriens.

Zwischen den USA und der Türkei schwelt seit Monaten ein Streit über die Rolle der Kurden im syrischen Bürgerkrieg. Washington unterstützt die Partei der Demokratischen Union (PYD) und ihren bewaffneten Arm, die (YPG), militärisch. Für Washington sind die Kurden Verbündete im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien. Aus Sicht der türkischen Führung sind die PYD und die YPG hingegen »terroristische Organisationen«.

Kurz zuvor hatte der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu den syrischen Kurden mit Angriffen gedroht. Die türkische Luftwaffe sei in Syrien zu den gleichen Aktionen in der Lage wie im Nordirak, wo sie immer wieder PKK-Stellungen bombardiert, sagte Davutoglu in der osttürkischen Stadt Erzincan. »Die Führungsstruktur und die Ideologie von PKK und PYD sind identisch«, sagte der türkische Regierungschef. »Diejenigen, die sagen, sie seien keine Terrorgruppen, kennen entweder die Region nicht oder haben schlechte Absichten«, sagte er mit Blick auf die Haltung Washingtons.

Der Flughafen Minnigh liegt zwischen zwei wichtigen Routen, die von Aleppo aus ins nördlichere Asas führen. In der Provinz läuft derzeit eine Offensive der syrischen Regierungstruppen mit Unterstützung russischer Luftangriffe. US-Außenminister John Kerry forderte Russland inzwischen abermals auf, die Luftangriffe in Syrien auf Terrorgruppen zu beschränken. Die große Mehrheit der russischen Angriffe habe bislang auf Oppositionsgruppen abgezielt, die die USA als legitim ansehen. Russland unterstützt Syriens Machthaber Baschar al-Assad.

Moskaus Außenminister Sergej Lawrow sagte auf der Münchner Sicherheitskonferenz, dass er nicht einmal eine fünfzigprozentige Chance für einen Frieden in Syrien sieht. Kerry warnte vor einem Scheitern der getroffenen Vereinbarungen und betonte: »Wir sind an einem Scheidepunkt.«

Russland, die USA und wichtige Regionalmächte wie der Iran, die Türkei und Saudi-Arabien hatten sich in der Nacht auf Freitag in München auf das Ziel einer Feuerpause in Syrien geeinigt, die innerhalb von einer Woche in Kraft treten soll. Ausgenommen sind Angriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und die Al-Nusra-Front, einen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Agenturen/nd