nd-aktuell.de / 16.02.2016 / Brandenburg / Seite 12

22 ausgelöschte Menschenleben

Verein Opferperspektive hat Website »Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg« aktualisiert

Tomas Morgenstern
Am Sonntag hat der Verein Opferperspektive das überarbeitete Gedenkportal online gestellt. Es erinnert an Menschen, die seit 1990 in Brandenburg infolge rechter oder rassistischer Gewalt starben.

Sven Beuter ist nur 23 Jahre alt geworden. Vor 20 Jahren hat ein bulliger Skinhead den schmächtigen Punk nach einer verbalen Auseinandersetzung in Brandenburg/Havel erbarmungslos geprügelt und getreten. Der Schläger, der 21-jährige Sascha L., wird nach Erfassung seiner Personalien nach Hause geschickt. Beuter ist nach fünf Tagen im Koma am 20. Februar 1996 an seinen zahlreichen schweren Verletzungen gestorben. »Hirnquetschung, Schädelbrüche, die Milz gerissen, die Leber angerissen, Gehirnschwellung, Kieferbruch und viele weitere«, listet die Website »Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg« akribisch auf.

Die Verfasser erinnern daran, dass sowohl Polizei als auch Staatsanwaltschaft damals zunächst von einer unpolitischen Auseinandersetzung unter Jugendlichen ausgegangen waren, der Verfassungsschutz von »Rivalität zwischen gewaltbereiten Jugendgruppen« sprach. Der Prozess gegen L. im November 1996 dauert drei Tage, die Mordanklage wird fallen gelassen - bei der Tat war Alkohol im Spiel, auch erhielt der 21-jährige Täter eine positive Sozialprognose. Wegen Totschlags bekam er eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. »Niedrige Beweggründe als Mordmotiv können ihm laut Gericht nicht eindeutig nachgewiesen werden«, ist auf der Website nachzulesen. »Der Richter bescheinigt ihm eine ›diffus faschistische Weltanschauung‹.« Noch heute sei Sascha L. in der extrem rechten Szene aktiv.

Sven Beuter war das elfte Todesopfer rechter Gewalt nach 1990 in Brandenburg. Insgesamt 22 Menschen sind bisher nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Rechtsextremen oder Rassisten im Land ums Leben gekommen.

»Uns ist es wichtig, an die Todesopfer rechter Gewalt zu erinnern und sie nicht zu vergessen«, erklärte Judith Porath vom Verein Opferperspektive. »Sie alle waren Menschen mit Träumen und Zielen, waren Freunde, Brüder oder Familienväter, die plötzlich aus dem Leben gerissen wurden, weil die Täter menschenverachtende Einstellungen verinnerlicht hatten.«

Die Website informiert, wie im Fall Beuter, über Tathergänge und die Ergebnisse der Gerichtsverhandlungen. Neue Erkenntnisse seien in die Darstellungen und Einschätzungen der Todesfälle einbezogen worden, betont die Opferperspektive. Lokale Gedenkinitiativen und Gedenkorte werden präsentiert, ergänzt durch viele Hintergrundinformationen. In die Überarbeitung eingeflossen seien Informationen, die im Rahmen einer Studie des Moses-Mendelssohn-Zentrums der Universität Potsdam im Jahre 2015 veröffentlich wurden.