nd-aktuell.de / 17.02.2016 / Ratgeber / Seite 26

Verwandtschaftsgrad ist mitentscheidend

Erbschaft und Schenkung (Teil 2)

Im nd-ratgeber vor einer Woche am 10. Februar 2016 sind wir in punkto Erbschaft und Schenkung im Teil 1 auf die verschiedenen Freibeträge eingegangen. Im heutigen Teil 2 geht es um Erbschafts- und Schenkungsmodalitäten je nach Verwandtschaftsgrad.

Im Vorfeld sollten Familien zunächst klären, wer das selbst genutzte Eigenheim überhaupt übernehmen möchte. Denn hinsichtlich der zu zahlenden Steuern ist das Verwandtschaftsverhältnis bedeutsam.

Ehepartner: Die besten Chancen, ein Haus oder eine Eigentumswohnung komplett steuerfrei zu übernehmen, haben Ehegatten und eingetragene Lebenspartner. Dies gilt auch für im EU-Ausland liegende Objekte. Unter diesen Paarbeziehungen gilt: Das selbst genutzte Familienheim kann stets zu Lebzeiten steuerfrei an den Partner übertragen werden. Es fallen keine Steuern an, und der Wert der Immobilie wird auch nicht auf Freibeträge bei einer späteren Erbschaft angerechnet. Erbt der andere die Wohnung, kann der Erwerb ebenfalls komplett steuerfrei sein.

Allerdings ist die Steuerfreiheit an Bedingungen geknüpft: Der Verstorbene muss vorher selbst in der Immobilie gelebt haben, und der hinterbliebene Partner muss nach dessen Tod noch mindestens zehn Jahre dort wohnen.

Will der Erbe die Immobilie vorher verkaufen, vermieten oder als Zweitdomizil nutzen, rutscht er möglicherweise in die Steuerpflicht. Die Immobilie wird steuerpflichtig, wenn der Steuerfreibetrag in Höhe von 500 000 Euro ausgeschöpft ist. Eine Ausnahme von der strengen Vorgabe (Selbstnutzung zehn Jahre) macht das Finanzamt, wenn »zwingende Gründe« vorliegen, der verstorbene Partner etwa pflegebedürftig war und bereits im Heim lebte oder wenn der hinterbliebene Partner das geerbte Objekt bei Pflegebedürftigkeit verlassen muss. Ungeklärt ist die Frage, ob die Pflegestufe III vorliegen muss oder ob auch eine niedrigere Pflegestufe genügt, um den Steuervorteil zu sichern.

Will der Erbe das Objekt innerhalb der 10-Jahres-Frist vermieten oder verkaufen, tritt nachträglich die volle Steuerpflicht ein. Während bei der Vermietung die fällige Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahre gestundet werden kann, muss der Betrag beim Verkauf sofort gezahlt werden.

Kinder: Auch Kinder können nach aktuellem Recht das selbst bewohnte Familienheim steuerfrei erben, und zwar unabhängig vom Wert des Objekts. Dafür müssen sie wie der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner das Anwesen nach dem Tod des Elternteils mindestens zehn Jahre selbst bewohnen.

Anders als für Ehegatten und Lebenspartner sind für Kinder höchstens 200 Quadratmeter Wohnfläche steuerfrei. Ist die selbst genutzte Wohnung also größer, müssen Kinder den diese Fläche übersteigenden Wert versteuern. Der Fiskus errechnet den anteiligen Wert für die Quadratmeter, die zur steuerfreien Fläche hinzukommen. Dieser Wert belastet den Steuerfreibetrag für Kinder in Höhe von 400 000 Euro. Verkauft das Kind die Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Tod des Erblassers, wird das Erbe unabhängig von der Wohnfläche nach Abzug des Freibetrags steuerpflichtig.

Den Freibetrag können Eltern auch für Schenkungen zu Lebzeiten nutzen. Jeder Elternteil kann jedem Sprössling alle zehn Jahre Werte bis zu 400 000 Euro steuerfrei übertragen. Dieser Freibetrag greift hier unabhängig davon, ob der Nachwuchs die geschenkte Immobilie selbst bezieht oder nicht. Steuerlich keine Rolle spielt, ob ein Stiefkind, ein Adoptivkind oder das leibliche Kind eine Immobilie erbt oder geschenkt bekommt.

Minderjährige: Übertragen Eltern ihren noch minderjährigen Sprösslingen (unter 18 Jahren) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Immobilie, müssen sie Folgendes beachten: Eltern dürfen ihren Nachwuchs nur dann selbst vertreten, wenn die Schenkung für das Kind rechtlich vorteilhaft ist. Laut Bundesgerichtshof ist die Schenkung einer Eigentumswohnung niemals rechtlich vorteilhaft (BGH, Az. V ZB 206/10).

Denn das Kind wird nicht nur Eigentümer, sondern auch Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Damit treffen es gewisse Verpflichtungen wie etwa Kosten der Instandhaltung oder die Haftung für Wohngeldausfälle von Miteigentümern. Daher muss für die Schenkungsvereinbarung ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Die Schenkung muss nicht durch das Familiengericht genehmigt werden.

Enkel: Höhere Freibeträge gelten seit 2009 auch für Enkel: Ihnen stehen 200 000 Euro (früher 51 200 Euro) zu. Damit können Erblasser wie etwa Großeltern auch die übernächste Generation besser berücksichtigen und zusätzliches Vermögen oder Anteile an Immobilien steuerfrei verschenken.

Entfernte Verwandte: Für Angehörige der Steuerkasse II und III ist die Belastung beim Immobilienerbe oder bei anderen Übertragungen von großem Vermögen auf Grund der geltenden niedrigen Freibeträge und höhen Steuersätze enorm groß. Dies trifft insbesondere Lebensgefährten ohne Trauschein besonders hart. Die Steuerbelastung kann auch nicht dadurch verringert werden, dass der überlebende Gefährte in der Immobilie wohnen bleibt oder dort einzieht. Bei einer lebzeitigen Schenkung profitieren diese lediglich vom Freibetrag in Höhe von 20 000 Euro.

Das Widerrufsrecht im Schenkungsvertrag

Das Widerrufsrecht verhindert, dass die Kinder das Vermögen verprassen. Liegt eine Schenkung noch keine zehn Jahre zurück, kann der Wohltäter seine Gaben zurückverlangen, falls er in Not gerät. Darüber hinaus ist der Widerruf möglich bei grobem Undank, etwa wenn der Nachwuchs die Eltern schwer beleidigt oder misshandelt. nd