nd-aktuell.de / 19.02.2016 / Sport / Seite 18

Spieler müssen vom Feld

Im Fußball geht die Gefahr vor allem von Kopfbällen aus

Der Fußballverband der USA sorgte im November 2015 für Aufsehen, als er ein Kopfballverbot für Spieler unter elf Jahren erließ. Kinder bis 13 dürfen zudem im Training nur eingeschränkt köpfen. Die Regeln gelten für alle Jugendnationalteams, sowie für die Nachwuchsteams der Major League Soccer. Für andere Vereine und Schulen sind es Empfehlungen. »Wir wollen Kopfverletzungen verhindern«, sagte George Chiampas, Chefmediziner des US-Verbands damals.

Eltern hatten den Weltverband FIFA und den US-Verband verklagt, um das Kopfballspiel zu begrenzen. Gerade für Kinder seien Kopfbälle laut Klageschrift gefährlich. Im Februar 2014 hatten dieselben Forscher der Boston University, die bei vielen verstorbenen Spielern im American Football eine chronisch-traumatische Enzephalopathie als Todesursache feststellten, auch beim Fußballer Patrick Grange CTE diagnostiziert. Der 2012 gestorbene Spieler aus Albuquerque war Kopfballspezialist. Seine Eltern erinnerten sich später daran, wie ihr Sohn als Dreijähriger immer wieder einen Ball ins Tor geköpft hatte. »Hätten wir ihn doch nur davon abgehalten«, sagten sie nach der Diagnose.

Im WM-Finale am 13. Juli 2014 erlitt auch Weltmeister Christoph Kramer eine Gehirnerschütterung. Trotzdem durfte er noch einmal aufs Feld, bevor er wegen Schwindelgefühlen und Orientierungslosigkeit ausgewechselt wurde. US-Experte Chris Nowinski kritisierte später die deutschen Teamärzte: »Das war inakzeptabel. Wenn es ein Protokoll gab, wurde es sicher nicht befolgt. Die Entscheidung darf nicht den Spielern überlassen bleiben.« Nowinski beklagte, dass gleich mehrere Spieler bei der WM mit Gehirnerschütterungen weiterspielen durften.

Ein Protokoll gab es offenbar nicht. Das führte der Europäische Fußballverband UEFA drei Monate später ein. Beim Verdacht auf Gehirnerschütterung werde es in den europäischen Wettbewerben nun eine Pause von bis zu drei Minuten geben. Nach einer Untersuchung in dieser Zeit dürfe nur der Mannschaftsarzt entscheiden, ob der Spieler wieder mitmachen darf.

Eine genaue Vorgabe, wie Ärzte die Spieler testen sollen, gibt es aber nicht. Das Protokoll der NFL sieht hingegen sechs definierte Schritte vor. Zudem müssen Teamärzte schon vor der Saison jeden untersuchen und eine Anamnese durchführen, um einschätzen zu können, wie lange ein Spieler nach einer Gehirnerschütterung pausieren muss.

Ob der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zumindest das UEFA-Protokoll übernommen hat, ist unklar. Beworben hat er einen solchen Schritt jedenfalls nicht. Vielmehr lässt er die Neurologin Dr. Nina Feddermann-Demont in einem Interview erklären: »Dass ein Fußballer in jungen Jahren einer solch schweren Krankheit erliegt, ist furchtbar, erlaubt jedoch keine direkte Aussage über die Sportart Fußball generell. Schnellschüsse und oberflächliche Urteile zur Kausalität finde ich schade.« Mit dem Fehlen von eindeutigen Beweisen hatte auch die NFL über Jahrzehnte argumentiert. Bis zu viele Spieler gestorben waren. ok