nd-aktuell.de / 27.02.2016 / Politik / Seite 1

Tillichs schöne Kulisse

Sachsens Ministerpräsident spricht vorsichtig von Rechtsgefahr in Sachsen

Berlin. Auf den ersten Blick, etwa als Zugreisender, kann man von Dresden den Eindruck einer muslimisch geprägten Stadt erhalten. Das liegt an der seit über 100 Jahren weithin sichtbaren Moschee mit dem schönen Namen Yenidze, die nie eine Moschee, sondern einst Zigarettenfabrik war, welche ihren Orienttabak aus einem Ort gleichen Namens bezog. Heute beherbergt sie Büros. Die Gewöhnung eines Teils der Dresdner an das Orientalische ist gleichwohl unterentwickelt, wenn man den Pegida-Auftrieb zum Maßstab nimmt.

Doch in Dresden ist nun ein Umdenken im Gange, wenn man die Worte des sächsischen Ministerpräsidenten zum Maßstab nimmt. Stanislaw Tillich sagte am Freitag im Bundesrat einen Satz, den er sich noch vor wenigen Tagen um jeden Preis verkniffen hätte. »Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus, und es ist größer, als der ein oder andere bisher wahrhaben wollte.« Rassistische Vorfälle in Clausnitz und Bautzen lassen Tillich so ungewohnte Sätze sagen. Wenn man allerdings den Landesinnenminister zum Maßstab nimmt, ist am Umdenken in Dresden zu zweifeln. Es würden keine Ermittlungen gegen Flüchtlinge geführt, sagte Markus Ulbig nach einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag. Ihm mag das als humanitäre Geste erscheinen, denn dass wegen grölender Blockierer verängstigte Flüchtlinge aus einem Bus gezerrt wurden, nannte er zugleich verhältnismäßiges Polizeiverhalten. Am Montag folgt nun eine Sondersitzung des Landtages wegen der Vorfälle, zu denen auch ein Brandanschlag in Bautzen zählt, dem eine grölende Meute Beifall zollte. Immerhin verspricht die Polizei in Sachsen einen besseren Schutz für Journalisten, die über Pegida-Demos berichten. Innenministerium, Polizei, der Deutsche Journalisten-Verband und die Landespressekonferenz vereinbarten eine Reihe von Maßnahmen, wie es hieß. Das war es schon mit den guten Nachrichten, auch über Dresden hinaus. Am Freitag beschloss der Bundesrat das sogenannte Asylpaket II, das beschleunigte Asylverfahren, die Abschiebung Traumatisierter und verhinderte Familienzusammenführung beinhaltet. uka Seiten 5 und 9