Alle gegen Trump - oder auch nicht

Die US-Republikaner sind bei ihrer Suche nach einem Präsidentschaftskandidaten tief zerstritten

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Vorwahlmarathon in den USA geht am Sonnabend mit den Abstimmungen der Republikaner in Kansas, Kentucky, Louisiana und Maine weiter. Im Mittelpunkt wie immer: Donald Trump.

Kevin Spacey spielt, was Donald Trump gerne werden würde: einen USA-Präsidenten. Sein Frank Underwood in der viel gelobten Serie »House of Cards« ist ein skrupelloser Machtmensch, der buchstäblich über Leichen geht. Alles natürlich Fiktion. Die Realität des vom unsäglichen Milliardär bestimmten republikanischen Vorwahlkampfes hält der preisgekrönte Schauspieler für gar nicht so ungewöhnlich. Beleidigungen, Rassismus und Attacken auf die Integrität anderer Kandidaten habe es schon immer gegeben, sagte der 56-Jährige dem Fernsehsender CNN. Und doch erreichte die TV-Debatte der verbliebenen vier konservativen Präsidentschaftsbewerber am Donnerstagabend (Ortszeit) nicht alltägliche Tiefen, als Trump verbal selbst unter die Gürtellinie zielte und im Wortgefecht mit dem »kleinen Jungen Marco« Rubio eine obszöne Anspielung auf die Größe seiner eigenen Genitalien machte.

Wie schon in der letzten Auflage dieser Wahlkampfshow musste sich der Baulöwe scharfer Attacken der anderen Kandidaten erwehren, wobei es vor allem um seine Geschäftstätigkeit ging - schließlich prahlt Trump nur zu gern mit seinen Erfolgen. Doch gehöre zu seiner Laufbahn auch so manche Pleite, wie ihm Rubio vorwarf. Und Ted Cruz erinnerte Trump süffisant daran, dass er pikanterweise einst diverse Schecks für Wahlkampagnen der Demokratin Hillary Clinton ausgestellt habe - alles nur wegen der Geschäfte, wie sich Trump rechtfertigte.

Auch in Sachen Einwanderung steht der Rechtspopulist unter Druck, paradoxerweise weil er in einem Hintergrundgespräch mit der »New York Times« von seiner öffentlich vertretenen Position - strikte Ausweisung aller »Illegalen« - abgerückt sein soll. Publizieren darf das die Zeitung nicht, und Trump lieferte in diesem Zusammenhang eine interessante Erklärung auch mit Blick auf andere krude Punkte in seinem schrillen Wahlkampf sowie rasante Meinungswechsel etwa zum Afghanistan-Krieg oder zur Irak-Politik von George W. Bush: »Ich habe noch nie gesehen, dass jemand ohne eine gewisse Flexibilität erfolgreich ist.«

Alle gegen Trump - schon zuvor hatte da ein früherer Präsidentschaftskandidat für Schlagzeilen gesorgt: Mitt Romney warnte eindringlich vor dem politischen Quereinsteiger und dessen charakterlichen Schwächen. Er habe »weder das Temperament noch das Urteilsvermögen« für das Präsidentenamt. Seine Außenpolitik würde »Amerika und die Welt unsicherer machen«, seine wirtschaftspolitische Ideen würden das Land in eine »lange Rezession« stürzen. »Ein Business-Genie ist er nicht«, ätzte Romney. Ja, Trump sei nichts anderes als ein »Schwindler« und »Betrüger«.

Besser hätten es die Demokraten auch nicht sagen können. Beobachter gehen davon aus, dass hier die Stimme der republikanische Parteiführung gesprochen hat. Die »New York Times« schrieb von einem »offenen Krieg« bei den Konservativen. Schaut man sich die bisherigen Delegierten für den Nominierungsparteitag an, ist zwar noch nichts entschieden: Trump steht nach zehn Siegen in 15 Vorwahlen bei 247, Cruz hat 152 sicher, Rubio 76. Insgesamt sind 1237 Stimmen zu vergeben. Aber alle Umfragen prognostizieren weitere Erfolge für Trump. Sollte er am 15. März auch die großen Bundesstaaten Florida und Ohio erobern, wäre seine Kandidatur kaum noch zu verhindern.

Nur hätte Trump nach jetzigem Stand der Umfragen bei der landesweiten Wahl am 8. November weder gegen Hillary Clinton noch gegen Bernie Sanders eine Chance. Kein Wunder, dass Romney für Cruz, Rubio und Ohios Gouverneur John Kasich warb, von ihnen kämen »die einzigen ernsthaften Politikvorschläge«. Schon wird der Ruf nach einer »brokered convention« auf dem Parteitag in Cleveland laut. Das ist eine Art Kampfabstimmung mit mehreren Wahlgängen. Dann wäre aber auch der Aufruhr der Trump-Anhänger programmiert - und eine existenzielle Zerreißprobe für die Grand Old Party. Die verbale TV-Prügelei in Detroit jedenfalls endete unerwartet: Alle Bewerber versprachen, nach den Vorwahlen jeden Präsidentschaftskandidaten für den Endkampf um das Weiße Haus zu unterstützen - auch Donald Trump.

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