Aufruf zur Schadensbegrenzung im Moorheilbad

Der gescheiterte Putsch gegen den Bürgermeister von Bad Freienwalde hinterlässt tiefe Gräben in der Kurstadt

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.
Bad Freienwaldes Bürgermeister Ralf Lehmann bleibt im Amt. Am Sonntag ist die Abwahlinitiative seiner Gegner gescheitert. Doch noch immer droht der Stadt der Entzug des Moorheilbad-Status.

Die Kleinstadt Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland), Brandenburgs ältester anerkannter Kurort, durchlebt in diesen Wochen ein wahres Wechselbad der Gefühle. Gerade erst hat die 12 000-Einwohner-Stadt ihre 700-Jahr-Feier begangen. Nun waren die Wahlberechtigten in der Stadt und ihren Ortsteilen dazu aufgerufen, über den von einer Bürgerinitiative auf den Weg gebrachten Antrag zu entscheiden, Bürgermeister Ralf Lehmann (parteilos) abzuwählen. Der 53-Jährige, der seit 1993 im Amt ist, wurde von seinen politischen Gegnern maßgeblich dafür mitverantwortlich gemacht, dass Bad Freienwalde der Entzug der staatlichen Anerkennung als Moorheilbad droht.

Dem laufenden Aberkennungsverfahren durch den Landesfachbeirat für Kur- und Erholungsorte Brandenburg waren zahlreiche Auflagen an die Stadt vorausgegangen. Das Gremium hatte in den vergangenen Jahren wiederholt eine in sich stimmige Konzeption für den Kurort, den Ausbau von Beherbergungskapazitäten, Hotellerie und Gastronomie, die umfassende Anwendung des Heilschlamms und die Erweiterung der Kurangebote gefordert. Festgemacht hatte sich die Kritik des Beirats auch an der Hochbrücke aus den 1970er Jahren, über die der Verkehr auf der B 158 direkt durch die Stadt geführt wird. Deren vom Bürgermeister angestrebter Abriss hat zu schweren Zerwürfnissen in der Stadt geführt.

Lehmanns Gegner sind mit ihrem Ansinnen am Sonntag gescheitert. Nach dem vorläufigen Ergebnis sprachen sich 2318 wahlberechtigte Einwohner gegen die Abwahl des Bürgermeisters aus. Nur 2077 Bürger stimmten für die Abwahl Lehmanns, verkündete Marianne Beise, die Wahlleiterin, noch am Sonntagabend. Wahlberechtigt waren ihren Angaben zufolge insgesamt 10 721 Bürger, die Wahlbeteiligung lag bei etwas mehr als 41 Prozent. Damit erreichten beide Lager allerdings nicht das notwendige Quorum von 25 Prozent aller Wahlberechtigten. Dass Ja- und Nein-Stimmen zudem nur geringfügig voneinander abweichen, belegt eine tiefe Spaltung innerhalb der Wählerschaft.

In einer vom Rathaus herausgegebenen Mitteilung heißt es: »Die konfliktreichen und emotionsgeladenen Debatten in Bad Freienwalde um Kurortstatus, Brückenerhalt oder -abriss, Altanschließerbeidträge sowie um die Person des Bürgermeisters der Kurstadt haben heute einen neuen Höhepunkt erreicht.« Der Ausgang des Bürgerentscheids bestärke ihn darin, sich »auch weiter mit voller Kraft für das Wohl dieser wundervollen Kurstadt einzusetzen«, erklärte der Bürgermeister. Und an seine Widersacher gewandt, warb er um Unterstützung für den begonnenen Kurstadt-Dialog. »Ich glaube fest an die Menschen und Potenziale unserer Stadt und vertraue auf einen friedvollen Umgang miteinander, um die bestehenden Probleme erfolgreich meistern zu können.«

Detlef Malchow, einer der Sprecher des Bürgerbündnisses »Pro Abwahl«, sieht nach dem Scheitern der Initiative kaum noch Chancen dafür, dass Bad Freienwalde seien Kurstatus behält. Zu sehr hänge der Zwist mit dem Landesfachbeirat mit der Person des Bürgermeisters zusammen. Malchow hält Lehmann für halsstarrig. »Die Spaltung der Stadt wird bleiben, und der Bürgermeister wird nicht in der Lage sein, die Lager zu versöhnen«, sagte er dem »nd«. »Die Stadt hat es unter Lehmann nicht geschafft, sich als staatliches Moorheilbad zu profilieren und ein adäquates Angebot für einen Wellnesstourismus zu entwickeln«, so Malchow. Jetzt, da der Bürgermeister im Amt bleibe, sehe er keine Möglichkeit mehr, dass die Stadt mit dem Land zu einem Moratorium komme. Das Rathaus muss bis zum 14. März seine Position erläutern.

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