nd-aktuell.de / 04.04.2016 / Berlin / Seite 11

Soziales Monitoring vorgestellt

Nicolas Šustr
Weniger Arbeitslose, weniger Problemkieze, das sind die Ergebnisse des jüngst vorgestellten Berichts. Die Zahl der Transferempfänger hat allerdings nicht abgenommen.

»Soziale Benachteiligungen nehmen weiter ab, räumliche Unterschiede bleiben dagegen bestehen«, so überschreibt die Stadtentwicklungsverwaltung ihre Pressemitteilung zur Vorstellung der Kurzfassung des Berichts 2015 zum »Monitoring Soziale Stadtentwicklung«. Das ist eine recht wohlwollende Interpretation. Zwar sank in den Jahren 2013 und 2014 - darauf bezieht sich der Bericht - die Arbeitslosigkeit. Und statt 51 wird nur noch 43 der insgesamt 435 definierten Kieze eine »ausgeprägte soziale Problemlage« attestiert. Als Indikatoren dienen Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Transferbezug und Kinderarmut. Allerdings gab es kaum Veränderungen bei der Zahl der Empfänger von Transferleistungen wie ALG II. Und während in der Innenstadt traditionelle Armenhäuser verschwanden, verschlechterte sich in peripher gelegenen Gebieten die Sozialstruktur zum Teil drastisch.

»Wir warnen vor einer vorschnellen Bewertung der positiven Dynamik in manchen innerstädtischen Quartieren. Denn dahinter verbirgt sich zumeist eine Gentrifizierung«, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. »Offenkundig kommt wegen des riesigen Billiglohnsektors die Stadtentwicklung in Berlin nicht voran.« Wegen der Beschränkung des Berichts auf die Anzahl von Arbeitslosen und Transferbeziehern sei das wahre Ausmaß sozialer Benachteiligung noch gar nicht ermittelt. Denn durch die Mietpreisentwicklung seien auch andere Haushalte von Armut bedroht.

»Die Mieten steigen schneller als die Leistungen der Jobcenter. Und wenn eine Familie die Wohnung wechseln muss, weil ein erwachsenes Kind auszieht, kann das aufgrund knappen günstigen Wohnraums zur Katastrophe werden«, sagt Barbara Eschen, Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg. »Der soziale Zusammenhalt in unserer Stadt gelingt nur, wenn wir alle Menschen mitnehmen«, sagt Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Wie das gelingen soll, ist unklar.