Das unterschätzte Risiko

Private Krankenversicherung

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Die kräftigen Beitragserhöhungen der privaten Krankenversicherer in diesem Jahr sind eine Warnung gerade für jüngere Leserinnen und Leser des »nd«. Für sie gilt nach Friedrich Schiller: »Drum prüfe, wer sich ewig bindet«.

Wer in jungen Jahren die scheinbar besonders attraktive private Absicherung gegen Krankheitskosten wählt, kann später im Regelfall nie wieder aussteigen. Dabei kann die »PKV« im Alter richtig teuer werden! Die aktuellen Preiserhöhungen sind hierzu nur ein Menetekel. Kräftige Beitragserhöhungen können nämlich jeden privat Krankenversicherten jederzeit treffen - mit entsprechend negativen Folgen für den späteren Ruhestand. Privat Versicherte sollten daher rechtzeitig aktiv werden.

Kräftige Beitragserhöhungen

Beitragserhöhungen für die Private Krankenversicherung (PKV) können mitunter kräftig ausfallen. So hob etwa die DKV, Deutschlands zweitgrößter Anbieter, ihre Beiträge Anfang März um 7,8 Prozent an. Für einige Versicherte bedeutet dies eine Beitragserhöhung um bis zu 130 Euro. Und die DKV ist kein Einzelfall: Für das Jahr 2016 werden viele Versicherte mit einer Kranken-Vollversicherung deftige Beitragserhöhungen hinnehmen müssen.

Dafür gibt es Gründe, die in der Verfasstheit der Branche liegen. Krankenversicherer können sich im Gegensatz zu den gesetzlichen Krankenkassen - die allein von den Beiträgen der Versicherten leben - nicht von den Entwicklungen auf den Finanzmärkten abkoppeln. Die andauernde Niedrigzinsphase trifft nicht nur Banken und Versicherungskonzerne, sondern auch die Krankenversicherer ins Mark.

Kaum noch Zinsen

Von den Beiträgen ihrer Kunden werden Kapitalrückstellungen gebildet, vor allem für die zunehmenden medizinischen Kosten im Alter. Gesetzliche Auflagen verhindern, dass die Konzerne zu riskant Geld anlegen. Was aber die Möglichkeiten begrenzt, höhere Renditen etwa mit Aktien zu erwirtschaften. Für vergleichsweise sichere Wertpapiere wie Staatsanleihen oder für Bankeinlagen gibt es jedoch auf den Finanzmärkten kaum noch Zinsen. Daher wird es immer schwieriger, die üblicherweise kalkulierte Marke von 3,50 Prozent Zinsen für Altverträge zu erwirtschaften. Die Folge sind Beitragserhöhungen.

Gefahr für Altersvorsorge

Ein weiterer Grund für die Preisexplosion: In den vergangenen Jahren kam es nur zu moderaten Beitragsanpassungen. Versicherer dürfen die Beiträge erst erhöhen, wenn die Schadenzahlungen um 5 Prozent gestiegen sind. Nun scheinen die Dämme branchenweit zu brechen. Kritiker befürchten zudem Absprachen hinter den Kulissen.

»Was zunächst nach einer üblichen Beitragserhöhung aussieht, ist ein echtes Risiko für den Ruhestand«, warnt Anja Welz, Vorstandsfrau der genossenschaftlichen Laureus Bank in Düsseldorf. Und das trifft sowohl Rentner und Pensionäre als auch Berufstätige.

So haben Erwerbstätige, die fürs Alter vorsorgen möchten, nun monatlich bis zu 130 Euro weniger zur Verfügung. Über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren wird daraus eine Summe von 23 400 Euro.

Für über 65-Jährige wurde die Erhöhung zwar auf 79,90 Euro begrenzt. Doch diese fehlenden Euro können im Rentenalter doppelt schmerzen. Nach fünfzehn Jahren hätte man 14 400 Euro weniger. Das Beispiel steht für Kunden der DKV, einer Tochtergesellschaft der Ergo-Versicherungsgruppe, die wiederum zum weltgrößten Rückversicherer Munich Re aus München gehört.

Was Versicherte tun können

Die DKV ist beispielhaft. »Höhere Beiträge können jeden treffen. Damit Versicherte nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden, sollten sie entsprechend vorsorgen«, meint Frau Welz.

Berufsanfänger, Studenten und jüngere Menschen sollten ernsthaft prüfen, ob es sich für sie dauerhaft auszahlt, eine private Krankenversicherung zu wählen. Auch »normale« Krankenkassen bieten heute ein umfassendes Serviceangebot. Und wer partout vom Chefarzt operiert werden möchte, kann selbst bei Ortskrankenkassen entsprechende Zusatzversicherungen buchen. Spätestens wenn das erste Kind da ist, kommt die PKV meist teuer - Kinder sind im Gegensatz zu den gesetzlichen Krankenkassen nicht automatisch mitversichert.

Bereits privat Versicherte sollten nicht allein die aktuellen Krankenversicherungsbeiträge in ihre Ruhestandsplanung und Altersvorsorge mit aufnehmen, sondern bereits heute künftige Beitragserhöhungen berücksichtigen. Und, wenn möglich, einen entsprechenden finanziellen Puffer bilden. Allerdings sind PKV-Beiträge keine feste Größe. Sie sollten daher als Variable und damit als Risiko eingestuft werden.

Der erste Schritt ist, die Krankenversicherungsbeiträge überhaupt als Risiko im Alter einzuschätzen. Der zweite wäre, den eigenen Versicherungsvertrag zu analysieren. So kann bei einigen Verträgen eine Deckelung der Beiträge vereinbart werden. Möglich ist unter Umständen auch der Wechsel in einen anderen Versicherungstarif, der zu einer Beitragsentlastung im Alter führt.

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