nd-aktuell.de / 14.04.2016 / Berlin / Seite 11

Müller gewinnt Machtkampf in Berliner SPD

Regierender Bürgermeister wird SPD nach dem Rückzug Stöß’ ordentlich umkrempeln

Martin Kröger
Nach der Entscheidung des Machtkampfes in der Berliner SPD deutet der Gewinner Michael Müller an, wie er die sozialdemokratische Partei in den kommenden Wochen personell und strukturell neu aufstellen will.

Die »Pressemitteilung Nr. 28« des Berliner Landesverbandes der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) trifft um 13.26 Uhr in den Redaktionen ein. Übertitelt ist sie mit: »Erklärung von Jan Stöß zur Wahl des Landesvorstandes der Berliner SPD«. Der entscheidende Satz folgt im zweiten Absatz der knapp eine Seite langen Erklärung: »Ich werde daher beim Landesparteitag am 30. April 2016 nicht wieder als Landesvorsitzender der Berliner SPD kandidieren«, lässt Stöß wissen. Und: »Keinesfalls will ich nämlich unseren Landesverband in eine Zerreißprobe führen, die den Erfolg der SPD bei den Wahlen im September aufs Spiel setzen würde.«

Wie zu erwarten war, gibt der Landesvorsitzende Stöß, der seit 2012 amtierte, damit kampflos gegen den Regierenden Bürgermeister Michael Müller auf, der am Mittwoch überraschend eigene Ambitionen auf den Chefposten der Berliner Sozialdemokraten bekannt gegeben hatte. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstagmorgen im Kreisbüro der Partei in Tempelhof-Schöneberg legte Müller der Presse seine Gründe für den Griff nach der Macht in der Partei dar. Demnach geht es ihm darum, die konkurrierenden Kräfte in der Partei zusammenzuführen. »Wir brauchen eine Struktur, die die Kräfte bündelt und fokussiert in der Wahlkampfzeit, aber vor allem für die Zeit danach«, sagte Müller in Hinblick auf einen erhofften Sieg bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl am 18. September und möglicherweise komplizierte Koalitionsverhandlungen zu ungeliebten Bündnissen. »In dieser Zeit ist es sehr wichtig, nicht über drei Pole – den Fraktions-, den Landesvorsitz und den Regierungschef – Entscheidungen herbeizuführen, sondern in einer klaren Führungsstruktur«, sagte Müller. Es sei ihm wichtig, mehr als bisher eine Richtung in der Partei vorgeben und Dinge direkt begleiten zu können, betonte der 51-Jährige. Weil man sich nicht einigen konnte, gehe er jetzt den »ehrlichen Weg«, so Müller.

Gut möglich, dass nach dem Rückzug von Jan Stöß auch die Wahl Müllers für die Spitzenkandidatur der SPD zur Abgeordnetenhauswahl auf den Landesparteitag am 30. April vorgezogen wird. Alle anderen Parteien, die im Abgeordnetenhaus vertreten sind, haben ihre Spitzenkandidaten und -kandidatinnen bereits gewählt.

Die Aussagen Müllers zeigen, dass das Verhältnis zwischen ihm und dem Landesvorsitzenden Jan Stöß belasteter war, als es zuletzt schien. Natürlich stand immer die Niederlage Müllers bei der Landesvorstandswahl 2012 gegen Stöß zwischen den beiden Politikern. Zuletzt hatte der Landesvorsitzende Stöß den Regierenden Bürgermeister aber beispielsweise gegen die Filzvorwürfe öffentlich unterstützt.

Im SPD-Landesverband habe er zuletzt ein selbstständiges, offensives Auftreten vermisst, kritisierte der Regierende Bürgermeister dagegen. Um der Partei mehr öffentliches Gewicht zu verleihen, will Müller darüber sprechen, ob nicht auch der Landesverband der Berliner SPD den Posten eines Generalsekretärs einrichten sollte. Im Gespräch sind nach Informationen des »neuen deutschland« für diese Funktion Robert Drewnicki, der Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler und die Abgeordnete Clara West. In der Parteizentrale im Kurt-Schumacher-Haus in der Weddinger Müllerstraße und im Landesvorstand wird es darüber hinaus nach der Entscheidung vom Donnerstag sicherlich weitere personelle Veränderungen geben, die mit dem anstehenden Wechsel in der Führungsspitze einhergehen.