nd-aktuell.de / 21.12.2001 / Kommentare

Traumschloss

Bernd Kammer
Vorwärts in die Vergangenheit heißt die Parole der Schloßplatzkommission, und Wilhelm von Boddien sieht sich am Ziel seiner Träume: Das Stadtschloss soll auferstehen, zwar nicht ganz original, aber in wesentlichen Bestandteilen schon. Das Votum war absehbar, von Anfang an steuerte die Kommissionsregie darauf zu. Das ist insofern bedauerlich, weil das Gremium hier seinen eigenen Vorsatz konterkarierte, vor der Architektur- zuerst die Nutzungsfrage zu klären. So musste der Eindruck entstehen, man suche nur noch nach einem passenden Inhalt für die Schlosshülle. Von der ließ man auch nicht ab, als sich herausstellte, dass das barocke Ambiente viel zu klein ist für das vorgesehene »Humboldt-Forum«. Dazu passt, dass alternative städtebauliche Konzepte erst gar nicht diskutiert wurden. Zum Beispiel, ob der Palast vielleicht nicht auch Teil der »Agora« aus Veranstaltungssälen werden könnte. Da reichte der Wunsch nach dem Schlüterhof, um dem Palast das Existenzrecht abzusprechen, immerhin einem noch vorhandenen Zeugnis deutscher Geschichte. Das Argument des Kommissionsvorsitzenden, das Bekenntnis zum Schloss sei ein Bekenntnis zu Geschichte, geht deshalb nicht auf. Das Schloss soll - im Unterschied etwa zur Bauakademie oder alten Kommandantur - als moderner Betonbau entstehen, bemäntelt mit einer historisierenden Fassade. Denkmalschützern und Architekten sträuben sich angesichts dieses Kulissenzaubers die Haare. Das Schloss wurde schon mehrmals in Berlin errichtet und der Palast eben so oft abgerissen - auf dem Papier. Die Gefahr, oder auch Chance, dass es auch diesmal so kommt, ist relativ groß. Meistens waren es die roten Zahlen, die alles bremsten. Und auch diesmal hat Berlin das Projekt schon unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Woher die geschätzten 1,5 Milliarden Mark für den Bau kommen sollen, hat die Kommission noch nicht verraten. Vielleicht hat sie aber doch schon den Weg in die Zukunft des Platzes gewiesen: Als sie im November die Zwischennutzung des Palastes der Republik empfahl. So etwas wurde in Berlin schon oft zur Dauernutzung, was nicht die schlechteste Lösung wäre.