nd-aktuell.de / 20.04.2016 / Politik

NSU-Prozess: Nebenkläger sprechen von Vertuschung

Bundesanwaltschaft halte wichtige Informationen zum V-Mann «Primus zurück / Diemer weist Vorwurf »auf das Schärfste« zurück

München. Im Münchner NSU-Prozess haben am Mittwoch mehrere Nebenkläger der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, Informationen zurückzuhalten und die Aufklärung der rechtsextremen Terrorverbrechen zu blockieren. Bundesanwalt Herbert Diemer wies diesen Vorwurf »auf das Schärfste« zurück.

Bei dem Streit ging es um mehrere Beweisanträge der Nebenkläger. So verlangten sie etwa, den früheren V-Mann »Primus« alias Ralf Marschner als Zeugen zu laden. »Primus« soll den mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe laut Medienberichten Jobs gegeben haben. Die Bundesanwaltschaft beantragte, die Beweisanträge der Nebenkläger abzulehnen. Sie seien für die Beurteilung der Schuld der Angeklagten ohne Bedeutung.

Hintergrund für die Vorwürfe ist ein Bericht der »Welt« vom vergangenen Wochenende, wonach die Bundesanwaltschaft offenbar Ermittlungsergebnisse zum V-Mann Marschner zurückhalte. So geht es dabei unter anderem um die Aussage eines früheren Mitarbeiters der »Marschner Bau-Service«, der nicht nur den mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos, sondern auch Uwe Böhnhardt auf den Baustellen gesehen haben will. Als dem Zeugen eine Lichtbildvorlage Böhnhardts vorgelegt wurde, soll dieser sich »zu 50 Prozent sicher gewesen« sein. Überprüfen lässt sich das Verhör nicht, ebenso wie die Aussagen von 15 weiteren ehemaligen Marschner-Mitarbeitern. Die Bundesanwaltschaft hält die Protokolle seit drei Jahren unter Verschluss.

Im NSU-Prozess ist Zschäpe als einzige Überlebende des NSU-Trios angeklagt. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft an allen Verbrechen der Gruppe vor, darunter eine Serie von neun rassistisch
motivieren Morden an türkisch- und griechischstämmigen Gewerbetreibenden in ganz Deutschland. Mit ihr sind vier mutmaßliche Helfer angeklagt. Das NSU-Trio lebte von 1998 bis 2011 trotz jahrelanger Fahndung unerkannt zunächst in Chemnitz, dann in Zwickau. Agenturen/nd