nd-aktuell.de / 21.04.2016 / Berlin / Seite 11

Wasserbetriebe drehen Geldhahn auf

Kommunales Unternehmen will in den nächsten fünf Jahren 2,1 Milliarden Euro investieren

Martin Kröger
Trotz Preissenkungen beim Trink- und Abwasser sprudeln für die Wasserbetriebe die Gewinne. Damit das Unternehmen bald im bundesweiten Vergleich als kostengünstig gilt, sollen die Preise stabil bleiben.

Es riecht schon ein bisschen nach Abwasser, was da in 15 Meter Tiefe von acht Pumpen gefördert wird. Das gläserne Abwasser-Hauptpumpwerk Wilmersdorf ist das größte der 160 Abwasserpumpwerke in der Stadt. Fast 14 Wannenbäder pro Sekunde können hier weiter transportiert werden. Die dröhnende Anlage ist voll automatisiert und wird aus einer Leitzentrale ferngesteuert. Ungefähr so wie hier stellt sich der Vorstand der Berliner Wasserbetriebe (BWB) wohl die Zukunft des Unternehmens vor: Effizient, transparent und serviceorientiert. »Wir wollen bis 2021 Bester in der Branche mit dem leistungsstärksten Service werden«, sagt der Vorstandsvorsitzende Jörg Simon, der am Mittwoch am Wilmersdorfer Standort die Bilanzzahlen der Wasserbetriebe für das vergangene Jahr präsentiert.

Und die können sich sehen lassen. Aufgrund der wachsenden Stadt, der zahlreichen Neubürger, Touristen und Geflüchteten steigt auch der Wasserverbrauch erstmals seit der Wende in der Hauptstadt wieder an (siehe Kasten). Das seit 2013 wieder vollständig kommunale Unternehmen konnte sich im vergangenen Jahr zudem über eine einmalige Kapitalspritze aus der Auflösung der zu Teilprivatisierungszeiten gebildeten Holdingstruktur freuen. In den kommenden fünf Jahren wollen die Wasserbetriebe ordentlich den Geldhahn für Investitionen aufdrehen. »Wir werden wesentlich mehr in die Klär- und Pumpwerke investieren«, kündigt Simon an. Insgesamt sollen 2,1 Milliarden Euro fließen - fast 500 Millionen Euro mehr als in den vergangenen fünf Jahren.

Ziel ist es unter anderem, alle Klärwerke bis zum Jahr 2027 mit einer vierten Reinigungsstufe auszustatten. Wegen der EU-Wasserrahmenrichtlinie sind die Wasserbetriebe verpflichtet, mehr Phosphornährstoffe aus den Flüssen und Gewässern zu filtern. Auf lange Sicht wird es auch nicht mehr erlaubt sein, dass die Wasserbetriebe ihre Klärschlämme als Dünger an die Landwirtschaft abgeben. Deswegen plant das Unternehmen bis 2025 den Bau einer Klärschlammverbrennungsanlage.

Besonders stolz sind die Wasserbetriebe auch auf ihre Rolle als einer der größten Arbeitgeber der Region. »In punkto Ausbildung sind die Berliner Wasserbetriebe führend«, sagt Simon mit Blick auf gegenwärtig 241 Auszubildenden in 18 Berufen, die bei den Wasserbetrieben lernen können. Auch für geflüchtete und junge Menschen mit Problemen bietet das Unternehmen eine Ausbildungschance.

Genau 4430 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte das Unternehmen im vergangenen Jahr. Der Personalabbau schritt damit allerdings voran. Weil der Altersdurchschnitt in dem Unternehmen mit 50 Jahren vergleichsweise hoch ist, müssen die Wasserbetriebe in den kommenden Jahren dringend den Wissenstransfer und demografischen Umbruch organisieren. Das umstrittene Sparprogramm »Nachhaltig Effiziente Optimierung« (NEO) läuft derweil weiter. »Unser Ziel ist es, dass wir mit unseren Prozessen schlanker werden wollen«, sagt der Vorstandsvorsitzende Jörg Simon.

Die sehr gute Jahresbilanz der Wasserbetriebe kommt unterdessen auch dem Gesellschafter zugute. Das Land Berlin kann sich über 89,1 Millionen Euro freuen, die von seinem Vorzeigeunternehmen als Gewinnabführung in den Landeshaushalt überwiesen werden. »Die Wasserbetriebe produzieren die besten Zahlen«, sagt Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Wasserbetriebe ist.

Der kommunale Reibach zieht natürlich auch Begehrlichkeiten nach sich. Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), Jan Eder, begrüßte am Mittwoch zwar das »wichtige Wachstumssignal« durch die hohe Investitionssumme für die Wasserbranche der Hauptstadt. Im Vergleich mit Brandenburg trage allerdings der Berliner Gebührenzahler die Hauptlast, kritisierte die IHK. Der Unternehmerverband fordert deshalb für die Zukunft »die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Tarifmodells für die Berliner Wirtschaft«.