Maßvoll online denunzieren

Nicolas Šustr befürchtet eine endlose Zweckentfremdung

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Aha, der Senat wird digital. In Riesenschritten. Mit einem Online-Formular können Bürger mögliche Zweckentfremdungen von Wohnungen den zuständigen Bezirksämtern melden. Dabei geht es nicht nur um die berühmten Ferienwohnungen, sondern auch um Abriss, Leerstand oder die Umwandlung in Büro- und Gewerberäume. Für Arztpraxen und weitere Einrichtungen gilt übrigens Bestandsschutz, bitte nicht gleich denunzieren, wenn der Herr Doktor wieder erst in acht Wochen einen Termin frei hat. Hoffen wir also, dass die Bürger das Instrument, mit denen sie Anderen durchaus Ärger und Mühen bereiten können, durchaus maßvoll einsetzen.

Apropos Zweckentfremdung. Am 30. April läuft die Übergangsregelung, während der Ferienwohnungen Bestandsschutz genossen, aus. Sie müssen dann wieder als normale Mietwohnungen zur Verfügung stehen. Aber keine Sorge, eine Revolution droht am 1. Mai - welche Überraschung - keineswegs. »Denn so wie es von der Politik gerne verkauft wird, ist es nicht«, heißt es genüsslich im Vermieterblog von Smoobu, einer Plattform, mit denen die eigene Ferienwohnung gleich auf mehreren Online-Portalen angeboten werden kann.

Schon seit Monaten klagt der in Mitte zuständige Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) über die kaum zu erfüllenden Formalien in den von der Verwaltung auszusprechenden Verbotsverfügungen. Eine Vermietungsplattform hat zudem mit der Apartment Allianz Berlin eine Verfassungsklage angeschoben, um das Ferienwohnungsverbot zu kippen. Ansatz ist hier die Ungleichbehandlung gegenüber der Regelung für Ärzte. Bis zu drei Jahren kann es dauern, bis das Verfahren bis zum Bundesverfassungsgericht durchgefochten ist. Inzwischen haben die meisten Bezirke den Vollzug des Ferienwohnungsverbots ausgesetzt, bis zu einer gerichtlichen Klärung. Wann auch immer die sein wird.

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