Der Zauberer

Jan Marijnissen

  • Saskia Jansens
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Parteichef führte die niederländischen Sozialisten zum Wahlerfolg.
Jede niederländische Wahl scheint ihre guten oder bösen »Zauberer« zu haben. Vor vier Jahren war es der später ermordete Rechtspopulist Pim Fortuyn. Diesmal ist es der 54-jährige Chef der Sozialisten, Jan Marijnissen. Seine Partei hat die Zahl ihrer Parlamentssitze fast verdreifacht und ist nun drittstärkste politische Kraft . Der Jesuitenzögling Marijnissen findet Anerkennung weit über seine Partei hinaus. Er hat den Ruf eines Politikers, der die Interessen der sozial Schwächeren vertritt. Marijnissen selbst hat einst in einer Eisfabrik gearbeitet, dann als Fleischer und später als Schweißer. Als Katholik, der sich durch Franz von Assisi inspirieren lässt, hat er eine starke Basis in seiner Heimatregion, dem katholischen Landessüden. Und obwohl er bereits seit 20 Jahren seine Partei führt, gilt er als einer der vertrauenswürdigsten Politiker des Landes. Dazu trägt bei, dass er wie die anderen Mandatsträger seiner Partei die Abgeordnetenbezüge an die Parteikasse abgibt und von einem Mindestlohn lebt. Als Marijnissen in den 70er Jahren in der Sozialistischen Partei (SP) politisch aktiv wurde, war diese noch maoistisch geprägt. Unter seiner Führung legte die Partei ihren alten ideologischen Mantel ab. Und obwohl die SP inzwischen sogar ihre Gegnerschaft zu Monarchie und NATO aufgegeben hat, bleibt Marijnissen mit seinem sozialistischen Gedankengut noch immer ein Schrecken der Wirtschaft. Für ihn steht der Sozialismus für »menschliche Werte, Gleichheit und Solidarität«. Der SP-Chef spielte auch eine zentrale Rolle im Kampf gegen die EU-Verfassung, die 2005 von den Niederländern in einer Volksabstimmung abgelehnt wurde. Die EU ist für ihn undemokratisch, er will die politische Macht daher lieber in den Niederlanden behalten. Die SP wurde unter Marijnissen nicht nur drittstärkste parlamentarische Kraft, sondern liegt auch mit der Zahl ihrer Mitglieder auf Platz drei. Marijnissen führt seine Partei straff, einige meinen sogar autoritär. Dennoch ist er unter den Parteimitgliedern beliebt. Seine linken Positionen hindern Marijnissen auch nicht, Allianzen über Parteigrenzen hinweg zu schmieden. Seine Stärke liegt laut Beobachtern aber darin, dass er ein guter Organisator ist.
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