Geiz ist geil - der Bund hat sein Motto

Bundesetat verabschiedet / Widerspruch verhallte folgenlos

Der Bundeshaushalt 2007 ist beschlossen. Nach einer hitzigen Beratungswoche wurde er am Freitag gegen den Willen der Opposition im Bundestag beschlossen.

Ein wenig erinnern Haushaltsberatungen an den Ehekrach um die Verwendung des familiären Haushaltsgeldes. Auch wenn Begriffe wie Konsolidierung, Nettokreditaufnahme und Beitragsbemessungsgrenze einen Respekt heischenden Klang haben, dreht sich der Streit darum, wie vernünftig die verfügbaren Mittel eingesetzt gehören. Haushaltssanierung plus Wirtschaftswachstum gleich Regierungsmacht, so lautet die Ansage der Regierungskoalition. Unverändert gilt die These, dass Wirtschaftswachstum zu mehr Arbeitsplätzen führt und seine Förderung daher Kern der Sozialpolitik sei. Die größten Brocken der rund acht Milliarden Euro, die der Bund in diesem Jahr zusätzlich einzunehmen hofft, sind deshalb per Planung in eine reduzierte Neuaufnahme von Schulden und in eine größere Senkung der Arbeitslosenversicherung, nämlich von 6,5 Prozent auf 4,2 Prozent, verplant. Allein dadurch, so hofft Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), würden 16,5 Milliarden Euro mehr in den Wirtschaftskreislauf gespült. Neue Schulden (Nettokreditaufnahme) sollen in Höhe von 19,4 Milliarden Euro gemacht werden. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück gab sich am Freitag sicher, dass der Schuldenberg Deutschlands von 1,5 Billionen Euro abgetragen werden könne. Den Weg hatte Wirtschaftsminister Michael Glos zuvor bei der Beratung des Etats seines Ressorts genannt. »Geiz ist geil«, so heißt die Lösung laut Glos, der sich zugleich für einen nationalen Stabilitätspakt zur Entschuldung von Bund und Ländern aussprach. Der Entwurf der Regierungskoalition hatte bereits in den Parlamentsausschüssen wenig Änderungen erfahren - geschuldet ihrer erdrückenden Mehrheit. In der Haushaltswoche selbst wurde allein ein Antrag der Koalition zur Bahnprivatisierung kurzfristig in den Etat eingefügt und am Freitag mit dem Gesamtpaket beschlossen. Zu einigen kleinen Änderungen immerhin war es in den Wochen zuvor gekommen. Der Etat des Bundesfinanzministeriums selbst umfasst 4,72 Milliarden Euro - 160 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Nicht immer sahen trotz Mehreinnahmen die Bundesminister ihre Blütenträume reifen. Die Koalition scheut davor zurück, zusätzliches Geld in Daueraufgaben zu stecken. Grund ist die Unsicherheit: Wenn die Einnahmen versiegen, bekommt man das Geld dort nicht ohne weiteres wieder heraus. Die FDP, die in den Haushaltsberatungen versuchte, die Koalition vor sich her zu treiben - Richtung unerbittliches Sanieren und Sparen, verbunden mit weiteren Steuersenkungen - sah man in diesen Tagen förmlich verzweifeln an der angeblichen Halbherzigkeit der Koalition. Eine Steigerung der Mehrwertsteuer ist für sie Teufelszeug ebenso wie »soziale Wohltaten«, vor denen sie in der Debatte warnte. Auch eine schließlich noch beschlossene Erhöhung des Zuschusses an die Krankenkassen in Höhe von knapp einer Milliarde Euro fand keine Gnade der FDP, die den Bundesetat einen »Haushalt der vertanen Chancen« nennt. Jener Steuerzuschuss an die Krankenkassen, allerdings in weit größerem Umfang, war ausdrückliches Anliegen dagegen der Linksfraktion gewesen. Was den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, den Liberalen Otto Fricke, zu der Bemerkung verleitete, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hätte wohl gern deren Antrag zugestimmt. Die Ministerin ist im Haushaltsausschuss jedoch nicht stimmberechtigt, was ihr zugleich die sicher folgenschwere Verbrüderung mit der Linken ersparte. Die Grünen versuchen seit ihrem Ausscheiden aus der Regierung, einen strikten Sparkurs á la FDP mit dem Anschein eines sozialen Anspruchs zu verbinden. Wenn es konkret wurde, kritisierte die Fraktion jedoch zum Beispiel eine Verlängerung der Zahlung von ALG I für Ältere. Mehraufwendungen von 2,3 Milliarden Euro für Unterkunftsleistungen bei Hartz IV (die kommunalen Spitzenverbände fordern 5,8) . Obwohl auch Frank-Walter Steinmeier heftig gekämpft hatte, wurde sein Haushalt gestrichen, wenn auch nur um relativ geringfügige 22 Millionen Euro - Geld etwa für die Vereinten Nationen. Die Mittel für humanitäres Minenräumen wurden geringfügig erhöht, aber bei weitem nicht in dem Ausmaß wie es Hilfsorganisationen, Grüne und Linkspartei für erforderlich halten. Ganze acht Millionen Euro gelang es beim Rüstungsetat (28 Milliarden Euro) zu streichen. Gekürzt wurde bei Kosten für Aus- und Fortbildung sowie Unterhaltungsmaßnahmen. Weitere Streichversuche der Linken hier wie Aufstockungsversuche ...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.