Der V-Mann kauft sich frei

Mannesmann-Prozess kurz vor Einstellung / Ackermann und Co. zu Millionen-Zahlung bereit

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Eine der spektakulärsten Wirtschaftsstrafsachen, der Düsseldorfer Mannesmann-Prozess, steht vor dem vorzeitigen Ende. Die Staatsanwaltschaft stimmte am Freitag Anträgen der Verteidiger der sechs prominenten Angeklagten zu, das Verfahren gegen die Zahlung von insgesamt über 5,8 Millionen Euro einzustellen.
Berlin (ND/Agenturen). Das Landgericht Düsseldorf wird zwar frühestens kommende Woche entscheiden, ob der Untreue-Prozess gegen die sechs Angeklagten, darunter Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, vorzeitig beendet wird. Eine Zustimmung des Gerichts gilt aber als wahrscheinlich. Die Ackermann-Verteidiger begründeten ihren Antrag auf Einstellung des Verfahrens unter anderem mit der langen Prozessdauer. Am Ende des Verfahrens würde kein Urteil stehen, das alle als gerecht empfinden würden, so die Anwälte. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wäre eine Verfahrenseinstellung kein »Handel mit der Gerechtigkeit«, sondern entspreche der Rechtslage und sei sachgerecht. Demnach soll Ackermann 3,2 Millionen Euro zahlen. Mit 1,5 Millionen Euro müsste Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser die zweithöchste Summe berappen. Der einstige Mannesmann-Aufsichtsratschef Joachim Funk soll eine Million Euro zahlen, Ex-IG-Metall-Chef Klaus Zwickel 60 000 Euro, Ex-Konzernbetriebsratschef Jürgen Ladberg 12 500 Euro und Ex-Direktionsmitarbeiter Dietmar Droste 30 000 Euro. Das Geld, insgesamt etwas mehr als 5,8 Millionen Euro, soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zu zwei Dritteln in die Staatskasse fließen. Der Rest soll gemeinnützigen Einrichtungen zugute kommen. In dem bereits im Januar 2004 begonnenen Prozess geht es um die Rechtmäßigkeit von Prämien und Abfindungen in Höhe von 57 Millionen Euro, die nach der Mannesmann-Übernahme durch den britischen Telekommunikationskonzern Vodafone Anfang 2000 an amtierende und frühere Konzernmanager geflossen waren. In einem ersten Verfahren waren die Angeklagten im Juli 2004 freigesprochen worden. Der Bundesgerichtshof hob diese Urteile jedoch Ende 2005 auf und verwies den Fall an eine andere Kammer des Düsseldorfer Gerichts zurück. Die Richter stellten unter anderem fest, die Prämien seien ohne Vorteil für Mannesmann gewesen. Der Tatbestand der Untreue sei objektiv erfüllt. Die anderen Angeklagten hätten bei der Gewährung der umstrittenen Prämien zudem nicht in einem »Verbotsirrtum« gehandelt. Im Fall Ackermann und zweier weiterer Angeklagter würden Schuld und Unrecht aber dadurch relativiert, dass sie »ohne Selbstbereicherungsabsicht« gehandelt hätten. Ackermann kündigte an, die Millionensumme »aus eigener Tasche« zu bezahlen. Er hatte sein gesamtes Jahreseinkommen beim Prozessauftakt auf bis zu 20 Millionen Euro beziffert und stand nicht nur wegen seiner höchst umstrittenen »Victory«-Geste beim ersten Prozess im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Der Bank-Manager hatte sein weiteres Engagement bei der Deutschen Bank auch mit dem Ausgang des Verfahrens verknüpft. Seit 2002 ist der Schweizer der mächtigste Deutsche-Bank-Chef aller Zeiten. Extra für ihn wurde eine neue Führungsstruktur geschaffen. Ackermann war 1996 von der Schweizer Großbank Credit Suisse nach Frankfurt (Main) gewechselt. Mit dem Namen Klaus Esser ist vor allem die Übernahmeschlacht mit Vodafone verbunden. Der Spitzenmanager soll rund 30 Millionen Euro Abfindungen erhalten haben. Ebenfalls angeklagt ist der ehemalige IG-Metall-Chef Klaus Zwickel, der lange bestritten hatte, von Prämienzahlungen etwas gewusst zu haben. Schließlich tauchten jedoch Aufsichtsratsprotokolle auf, die die Unterschrift des Gewerkschaftsfunktionärs tragen sollen. Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, hält die Einstellung des Verfahrens für positiv: »Es musste ein Ende gefunden werden, das Schaden von der Deutschen Bank abwendet - dies ist jetzt geschehen«, sagte Hocker dem »Tagesspiegel«. Für Ackermann sei die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage allerdings ein »Freispruch zweiter Klasse«, fügte Hocker hinzu. Seine Position bei der Deutschen Bank bleibe gleichwohl »unangefochten«. Die Höhe der Geldauflage bezeichnete Hocker angesichts des Einkommens des Deutsche-Bank-Chefs als »vertretbar«.
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