nd-aktuell.de / 05.05.2016 / Politik

Brennender Brenner? »Bild« befeuert Angst vor Linken

Protestaktion gegen mögliche Schließung der Grenze zwischen Österreich und Italien / Premier Renzi trifft sich mit Merkel / Umfrage: Zwei Drittel für Verlängerung der Grenzkontrollen

Berlin. Die Regierung in Österreich, die sich mehr und mehr als Anti-Asyl-Koalition gebärdet, denkt laut darüber nach, die Grenze zu Italien zu schließen - am berühmten Brenner. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi spricht von einer »bloßen Propaganda-Übung« und kritisierte die Ankündigungen in Wien als gefährlich. Wer mit der Angst vor Asylsuchenden spiele, stärke diejenigen, »die tüchtig darin sind, die Gespenster der Vergangenheit wachzurufen«, sagte der Sozialdemokraten mit Blick auf den Rechtsruck in Europa. Der Brenner-Pass sei »ein Symbol der Freundschaft und des Dialogs«.

Am Donnerstag kommt Renzi mit dem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sowie mit Kanzlerin Angela Merkel zusammen. Das Thema Brenner wird dabei sicher auch zur Sprache kommen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte der Zeitung »La Repubblica« gesagt, »die Auswirkungen einer solchen Schließung wären auch für Österreich dramatisch«. Linke Gruppen wollen am Samstag am Brenner gegen die neue Abschottungspolitik, gegen eine Politik der Mauern und Zäune und gegen den neuen Nationalismus protestieren.

Armee und Stacheldraht würden »von den Nationalstaaten wieder einmal als ›technische Lösung‹ präsentiert, um die Menschen, die vor Kriegen, Armut und Umweltzerstörung flüchten, fernzuhalten und einzusperren«, heißt es in einem »Aufruf zur anarchistischen Demonstration gegen geplante Grenzkontrollen am Brenner«. Es sei »eine tragische Illusion, denn es ist auch unsere Freiheit, die hier eingezäunt, verachtet und unterdrückt wird«. Schranken und Grenzen seien »zu den Wahrzeichen unserer Gegenwart geworden«. Das wolle man nicht akzeptieren - wer dies tue, werde »unmenschlich und zu Komplizen«. Die »einzige Möglichkeit für unsere Freiheit zu kämpfen ist, die Grenze niederzureißen«, heißt es in dem Aufruf zu der Aktion am frühen Samstagnachmittag. In Barcelona ist dann auch eine Solidaritätsdemonstration angekündigt.

Die »Bild«-Zeitung reagierte auf diesen Aufruf auf ihre Weise. »Angst vor Anarcho-Aufmarsch«, schlagzeilte das Boulevardblatt: »Brennt am Samstag der Brenner?« Bebildert mit einem Foto eines brennenden Autos, das vor über einem Jahr in Mailand in Flammen stand, schreibt die Zeitung »eine Explosion der Gewalt« herbei. Ohne auch nur auf die Argumente der Protestierenden einzugehen, wird Stimmung gegen »teils polizeibekannte Anarchisten aus Norditalien« gemacht, die als »Chaoten« bezeichnet werden.

Unterdessen hat die schwedische Regierung am Mittwoch die Kontrollen an den Grenzen zu Dänemark ein weiteres Mal um einen Monat verlängert. Seit Januar müssen Reisende in den Zügen über die Öresundbrücke, in Bussen und auf Fähren von Deutschland und Dänemark die Ausweise vorzeigen. Die Anzahl der Asylbewerber ist seitdem deutlich zurückgegangen.

Einer Umfrage nach halten 63 Prozent der Deutschen halten die Verlängerung der Grenzkontrollen für richtig, nur 31 Prozent sind dagegen, wird unter Berufung auf eine N24-Emnid-Umfrage gemeldet. Im jüngsten Deutschlandtrend erklärten 62 Prozent der Befragten, die Kontrollen sollten weiterlaufen. Besonders hoch ist die Zustimmung unter Anhängern der Rechtsaußen-Partei AfD mit 98 Prozent und bei den Wählern der FDP mit 84 Prozent. Unter Anhängern der SPD (52 Prozent), der Linkspartei (50 Prozent) und der Grünen (31 Prozent) liegt die Zustimmung zu einer Verlängerung der Grenzkontrollen deutlich unter dem Durchschnitt. nd/Agenturen