Neuermittlung der Regelsätze erst zum 1. Januar 2017

Hartz IV

  • Lesedauer: 2 Min.
Entgegen den gesetzlichen Vorgaben hat die Bundesregierung die Regelsätze von Hartz IV nicht zum 1. Januar 2016 grundlegend neu ermittelt. Dies soll nun erst zum 1. Januar 2017 geschehen.

Nun ist bekannt geworden, wie sich das Bundesarbeitsministerium (BMAS) das Verfahren zur Herleitung der Sätze aus dem Ausgabeverhalten einkommensarmer Haushalte vorstellt.

Die Herleitung soll im Prinzip nach demselben schlechten und äußerst kritikwürdigen Verfahren gemacht werden wie beim letzten Mal 2011 unter der CDU/CSU/FDP-Regierung.

Konkret ist vorgesehen: Die Sätze für Alleinstehende und Paare sollen weiterhin aus den Ausgaben der untersten 15 Prozent ermittelt werden (vor 2011: 20 Prozent).

Haushalte mit einem Einkommen unterhalb des Hartz-IV-Bedarfs sollen nicht vorab aus der Vergleichsgruppe herausgenommen werden, was die Regelsätze nach unten zieht.

Auch ist eine generelle Rücknahme der willkürlichen, sachlich nicht begründeten Abschläge nicht geplant. Lediglich bei Jugendlichen soll der bisher überzeichnete Kürzungsbetrag für Alkohol und Tabak abgemildert werden und bei der Mobilität die Vergleichsgruppe etwas verbessert werden.

Die wesentlichen Kürzungen - Tabak und Alkohol für Erwachsene, Weihnachtsbäume und Blumen sowie Gaststättenbesuche und Kantinenessen - sollen bleiben.

2011 wurde das Verfahren von SPD-Seite durch Andrea Nahles noch heftig kritisiert. Die Regelsätze seien »künstlich heruntergerechnet« worden, empörte sich damals die heutige Bundesarbeitsministerin. Nun aber begründet das unter ihrer Leitung stehende Bundesarbeitsministerium seine Pläne lapidar mit dem Hinweis, das Verfassungsgericht habe das Verfahren 2014 für zulässig erklärt.

Das ist doppelt dreist: Erstens hatten die Verfassungsrichter die Regelsätze nur »gerade eben noch so« für verfassungsgemäß erklärt. Und: Es ist keine Rechtfertigung, einen Missstand so zu belassen, nur weil er gerade eben noch so mit der Verfassung vereinbar ist.

Die Verfassungsrichter bemängelten damals zudem das Risiko, dass bei der Anschaffung von langlebigen Konsumgütern und Brillen das Existenzminimum nicht gedeckt sei.

Diese Vorgabe will die Regierung offenbar weiter ignorieren: Einmalbeihilfen für Kühlschränke, Waschmaschinen und Brillen soll es laut BMAS auch zukünftig nicht geben.

Aus: A-Info April 2016 der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen Berlin

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