nd-aktuell.de / 19.05.2016 / Politik / Seite 6

Verordneter Durchbruch für Ladenhüter

Kabinett beschließt »Umweltbonus« für den Kauf von Elektroautos und investiert eine Milliarde Euro

Alexander Isele
Die Bundesregierung verteilt viel Geld, um den Absatz von Elektroautos anzukurbeln. Bis 2019 sollen 300 000 neue Elektromobile unterwegs sein.

Nun soll es also endlich klappen mit der Elektromobilität. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett, die bisher auf fünf Jahre ausgelegte Kfz-Steuer-Befreiung für E-Autos auf zehn Jahre auszuweiten, sowie Verbrauchern den Kauf eines reinen Elektroautos mit einem »Umweltbonus« in Höhe von 4000 Euro schmackhaft zu machen. Bei einem Hybridfahrzeug, also einem Fahrzeug mit Elektroantrieb und Verbrennungsmotor, gibt es eine Prämie von 3000 Euro, insofern sich die Batterie über Ladestationen aufladen lässt. Die Kosten des Förderprogramms von 1,2 Milliarden Euro teilen sich Bund und Autoindustrie je zur Hälfte. Darüber hinaus beschloss das Kabinett den Aufbau von 15 000 neuen Stromladestellen für 300 Millionen Euro, die etwa an Supermärkten oder Sportplätzen stehen sollen. Insgesamt will die Bundesregierung mit dem Beschluss eine Milliarde Euro für die Förderung der Elek- tromobilität in Deutschland bereitstellen.

Bislang sind auf deutschen Straßen rund 50 000 E-Autos unterwegs, Ziel ist es, deren Anzahl auf 300 000 bis 2019 zu steigern. Dafür soll es auch Steuervorteile für Besitzer von E-Autos geben, die Aufladestationen bei ihrem Arbeitgeber nutzen. Zwischen 2017 und 2020 werden geldwerte Vorteile bei der Nutzung von Ladestationen für E- oder Hybridautos im Betrieb von der Einkommenssteuer befreit.

Bevor die Anträge für die Prämien - berechtigt sind Privatpersonen, Firmen, Stiftungen, Körperschaften und Vereine - beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon- trolle gestellt werden können, bedarf es aber noch der Zustimmung der EU-Kommission und des Haushaltsausschusses des Bundestages. Die Kaufprämie gilt bis zum 30. Juni 2019 oder bis alle Fördergelder verbraucht sind.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht in dem Beschluss ein wichtiges industriepolitisches Signal: »Fortschritte bei der Elektromobilität sind entscheidend für die Zukunft des Automobilstandortes Deutschland«. Der Beschluss setze die richtigen Anreize, diese innovative Technologie schneller zu verbreiten, begründete der Minister die Entscheidung. Gabriel hofft, dass die Maßnahmen und insbesondere die Kaufprämie dazu führen, dass eine Sogwirkung entsteht: »Die steigende Nachfrage wird wichtige und notwendige Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Elektromobilität auslösen.«

Die Automobilwirtschaft begrüßt die Entscheidung der Bundesregierung. Volker Lange, Präsident des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller, sieht speziell in der Kaufprämie eine vom Verband schon lange geforderte Maßnahme verwirklicht und bekräftigt, dass sich die Autohersteller an der Förderbeträgen beteiligen werden.

Kritik an dem Beschluss gab es von Parteien und Umweltverbänden. Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, Mignon Schwenke, kritisierte die erfolgreiche Lobbyarbeit der Autokonzerne: »Der eigentliche Gewinner dieses Kaufanreizes für Elek- tro- und Hybridautos ist wieder einmal die Autoindustrie«, die nun dank Subventionen ihre überteuerten und deshalb wenig gefragten Fahrzeuge doch noch los werde.

Dies sei vor dem Hintergrund des Abgasskandals inakzeptabel, findet auch Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, der zugleich auch die fragwürdige Umweltbilanz der Elek- troautos kritisiert. »Der künftig geförderte Verkauf von Plug-In-Hybrid- autos hilft den Autokonzernen vor allem, die CO2-Grenzwerte auf dem Papier, nicht aber in der Realität einzuhalten.« Kaufprämien seien ein umweltpolitischer Irrweg, der Innovationen für eine umweltfreundliche Mobilität verzögern und so dem Standort Deutschland schaden könne, so Weigert, der stattdessen die Förderung der Elektromobilität im öffentlichen Personennahverkehr, beim Car-Sharing und im innerstädtischen Liefer- und Versorgungsverkehr fordert.

Von ihrem im Koalitionsvertrag gesetzten Ziel, eine Million E-Autos bis zum Jahr 2020 auf deutschen Straßen zu haben, ist Schwarz-Rot weit entfernt. Anfang 2016 waren von den insgesamt in Deutschland zugelassenen 45 Millionen Pkw nur 25 500 Elektroautos und 130 000 Hybride.