nd-aktuell.de / 19.05.2016 / Politik / Seite 13

Beim zweiten beginnt das große Rechnen

Warum es in Sachsen-Anhalt mehr Ein-Kind-Familien gibt

Magdeburg. In Sachsen-Anhalt ist vielen Familien die finanzielle Situation zu unsicher, um mehr als ein Kind zu bekommen - der Trend geht einer Umfrage im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge zur Ein-Kind-Familie. An der Befragung »Wie familienfreundlich ist Sachsen-Anhalt?« nahmen rund 1000 Menschen teil.

So entschieden sich zwar viele Paare unabhängig vom Einkommen für das erste Kind. Bevor jedoch der Wunsch nach einem zweiten Kind umgesetzt werde, beginne das große Rechnen. Neben dem Geld mangele es häufig auch an Zeit, Wohnraum oder sozialer Unterstützung.

Dass es in vielen Fällen nur noch ein Kind pro Familie gibt, »liegt hauptsächlich an den finanziellen Ressourcen«, erklärte Ringo Wagner, Leiter des Büros der Stiftung in Sachsen-Anhalt.

Seit 1990 hat sich der Zahl der Geburten pro Jahr im Land auf etwa 16 500 halbiert. Dies habe vor allem mit dem demografischen Wandel zu tun, schreiben die Autoren. Doch inzwischen beziehen die Eltern »die zusätzlichen finanziellen Belastungen stärker in ihre Familienplanung ein«. Erst mit zunehmenden Einkommen werde der Wunsch nach einem weiteren Kind wahrscheinlicher.

Auch die Betreuung von Kindern sei für die Befragten ein wichtiger Aspekt. So müssten etwa die Öffnungszeiten von Kindertagesstätten flexibler gestaltet werden. Denn die Familien in Sachsen-Anhalt seien atypischen Arbeitszeiten, finanziellen und zeitlichen Belastungen am stärksten ausgesetzt.

Um die Situation von Familien in Sachsen-Anhalt zu verbessern, ist nach Angaben von 42 Prozent der Befragten eine bessere finanzielle Absicherung für Familien nötig. An zweiter Stelle folgte »eine Abschaffung des Bildungsföderalimus«, wie es Wagner ausdrückte. Selbst wenn ein Kind innerhalb einer Stadt die Schule wechsele, benötige es einen komplett neuen Büchersatz. »Das ist lästig. Das muss nicht sein«, sagte er. Bei einem Wechsel zwischen den Bundesländern verlieren die Kinder sogar bis zu einem Jahr. dpa/nd