Tokio hofft auf globale Konjunktursignale

Japans Premier wirbt auf G7-Treffen für seine spezielle Wirtschaftspolitik / Gipfel mahnt Russland und China ab

  • Susanne Steffen, Tokio
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Teilnehmer des G7-Gipfels in Japan wollen das weltweite Wachstum ankurbeln. Gastgeber Abe nutzte die Abschlusspressekonferenz, um seine Konjunkturpolitik Abenomics zu bewerben.

Ganz so klar, wie Japans Premier Shinzo Abe es sich gewünscht hatte, fiel die Abschlusserklärung der G7-Staats- und Regierungschefs nicht aus. Zwar kündigten die Teilnehmer in ihrem Abschlusskommuniqué vom Freitag an, sie wollten im Rahmen einer »Ise-Shima-Wirtschaftsinitiative« gemeinsam an der Verbesserung des Weltwirtschaftswachstums arbeiten. Doch das eindeutige Plädoyer für ein globales Konjunkturpaket, das Abe sich gewünscht hatte, bekam er nicht.

»Globales Wachstum ist unsere dringliche Priorität«, heißt es in der Abschlusserklärung. Die Teilnehmer sprachen sich dafür aus, alle politisch verfügbaren Mittel einzusetzen, um die globale Nachfrage in Schwung zu bringen. Dazu gehörten fiskalische und geldpolitische Maßnahmen genauso wie Strukturreformen. Doch müssten länderspezifische Umstände berücksichtigt werden. Weiter hieß es, dass auch die Verschuldung auf einen nachhaltigen Weg gebracht werden müsse. Im Klartext heiße das wohl, jeder solle machen, was er für richtig hält, kritisierten Kommentatoren im In- und Ausland.

Einigkeit herrschte dagegen in der Frage eines möglichen EU-Austritts Großbritanniens. Ein solcher Brexit wäre ein Risiko für das Weltwirtschaftswachstum, hieß es.

»Als Gastgeber müssen wir im Rahmen des G7-Abkommens zum Weltwirtschaftswachstum beitragen«, sagte Abe in einer Pressekonferenz zum Abschluss des zweitägigen Gipfels. »Ich möchte den Motor der Abenomics voll aufdrehen«, ergänzte der Premier, der vor gut drei Jahren mit einem ehrgeizigen Programm angetreten war, das Japans schwächelnde Wirtschaft mit Hilfe eines Gemischs aus großzügiger staatlicher Nachfrage, einer ultralockeren Geldpolitik sowie Strukturreformen wieder in Schwung bringen soll.

Noch während Abe darüber referierte, dass seine Abenomics nun global umgesetzt würden, meldeten heimische Medien, der Premier habe beschlossen, die für den kommenden April anstehende Erhöhung der Konsumsteuer für gut zwei Jahre auszusetzen. Den Berichten zufolge will Abe in der nächsten Woche eine offizielle Erklärung dazu abgeben. Der Premier selbst erwähnte zwar ausdrücklich, dass die Steuerfrage ein Teil dieses japanischen Beitrags zum globalen Wachstum sei, erklärte jedoch auf Nachfrage, die Entscheidung werde vor den im Juli anstehenden Oberhauswahlen fallen.

Sollte Abe sich angesichts der Sorge um den ohnehin seit Jahren stark schwächelnden privaten Konsum gegen die Steuererhöhung entscheiden, würde dies das Ziel der fiskalischen Konsolidierung in noch weitere Ferne rücken. Bei mehr als 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist Japan die mit Abstand am stärksten verschuldete G7-Nation.

In ihrer Abschlusserklärung mahnten die G7-Chefs darüber hinaus Russland und China ab. Um den Druck auf Moskau in der Ukrainekrise zu erhöhen, drohten die G7-Teilnehmer schlimmstenfalls mit weiteren Sanktionen.

China wurde zwar nicht namentlich in dem Abschlussbericht erwähnt, doch forderten die G7-Staaten, dass alle Parteien von »einseitigen Maßnahmen«, die die Spannungen im Süd- und Ostchinesischen Meer erhöhten, absehen sollten. Unter anderem streitet sich Gastgeber Japan mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt um eine unbewohnte Inselgruppe und mögliche Rohstoffvorkommen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal